Das Romanische Seminar und
das Studium generale
laden zu folgendem Gastvortrag ein:
 

Prof. Dr. Italo Michele Battafarano (Trient)
Luthers Romreise in den erinnernden "Tischreden"
Mittwoch, 28. Juni 2000, 17.15 Uhr, Hörsaal P 7 (Philosophicum)

In Luthers Tischreden aus den 30er und 40er Jahren begegnet man einer intentionalen Stilisierung seiner Romreise von 1510–11. Dies läßt sich besonders deutlich an der von Luther gewählten Bildlichkeit und am Standort seiner Kritik ablesen.

Luther greift zur Beschreibung des päpstlichen Rom in erster Linie auf biblische Bildlichkeit zurück. In Anlehnung an die Johannes-Apokalypse werden Rom als das neue Babylon und der Papst als Antichrist geschildert. Luthers Darstellung des römischen Klerus als sittlich dekadent und unwissend paßt dazu. In Anlehnung an die Germania des Tacitus weitet Luther seinen konfessionellen zu einem nationalen Diskurs aus. Die Papisten alias Römer alias Italiener werden als arrogant, falsch und genußsüchtig gezeichnet, während die Deutschen alias Lutheraner zwar als weniger kultiviert und zivilisiert als die Italiener, dafür ihnen aber als moralisch überlegen erscheinen.

Die Notwendigkeit, seinen Bruch mit Rom möglichst weiten Kreisen verständlich zu machen, läßt Luther seine Jahrzehnte zurückliegende Pilgerfahrt nach Rom als eine Reise nach Sodoma und Gomorrha und sich selbst zum Propheten Gottes stilisieren, denn ein konkretes Reiseerlebnis ist leichter nachvollziehbar als abstrakte theologische Differenzen. Luther rechtfertigt auf diese Weise die Gründung einer neuen Kirche als heilsgeschichtliche Notwendigkeit, welche dem deutschen Volk eine weltgeschichtliche Mission zukommen läßt.

Prof. Dr. Italo Michele Battafarano, geb. 1946 in Taranto, Italien, studierte in Bari, wo er 1970 über Grimmelshausen promovierte, dann in Münster (1970–71). Seit 1980 ist er Ordinarius für Germanistik zuerst in Bari, dann in Trento. 1981–82 (WS) war er Gastprofessor für Germanistik an der Universität Kiel.

Er ist Mitgründer und Vorstandsmitglied der Grimmelshausen-Gesellschaft seit 1977; Herausgeber der Buch-Reihe Iris. Forschungen zur europäischen Kultur.

Forschungsgebiete: Literatur der Frühen Neuzeit und der Gegenwart; Deutsch-italienische Kulturbeziehungen, Übersetzungspraxis, Hexenforschung.

Publikationen des Referenten: Psychologie des Denkens, 1980 (6. Aufl.); Struktur und Wandlung von Werthaltungen, 1970; Psychologie des Spiels, 1997 (2. Aufl.); als Herausgeber: Lebensbewältigung im Jugendalter, 1985; Entwicklung als lebenslanger Prozeß, 1979; mit Montada: Entwicklungspsychologie, 1995 (3. Aufl.); mit Bruhn und Rösing: Musikpsychologie, 1997; mit v. Hagen, Röper und Noam: Klinische

Die im Chaos blühenden Zitronen. Identität und Alterität in Goethes Italienischer Reise (Bern 1999).

Von Linden und roter Sonne. Deutsche Italien-Literatur im 20. Jahrhundert (zus. mit Hildegard Eilert, Bern 2000).


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