Der Interdisziplinäre Arbeitskreis für Drama und Theater
und das Studium generale
laden im Rahmen der Ringvorlesung

Das Theater der Anderen

zu folgendem Vortrag ein:
 

Prof. Dr. Michael Gissenwehrer (München)
Chinas Theaterimport:
Revolutions-PR und "kulturelle Verschmutzung"
Montag, 10. April 2000, 17.15 Uhr
Hörsaal P 5 (Philosophicum)

Chinas traditionelle Theaterformen, die in ihrer engen Beziehung zu jahreszyklischen Ritualen als Repräsentationsinstrumente des Kaiserhofes, des städtischen Bürgertums und der bäuerlichen Bevölkerung eine bedeutende Rolle im System der politischen-sozialen Machtbestätigung darstellten, eigneten sich aufgrund ihrer Ästhetik und Motive wohl kaum für die Propagierung neuer Ideen im Zusammenhang mit kulturrevolutionären Bewegungen. Daher griffen die Strategen der studentisch getragenen 4. Mai-Bewegung (1919) sowie der kommunistischen Kampagnen der 30er und 40er Jahre und besonders nach der Machtergreifung nach 1949 verstärkt auf "westliche" Theaterformen zurück, die in ihrem unmittelbaren Wirklichkeitsbezug eine brauchbarere Darstellung anfangs der grausamen vor-revolutionären und später der idealisierten sozialistischen Zustände ermöglichten. Die Theaterpropaganda funktionierte bis in die 80er Jahre, als selbstbewußt gewordene Theaterleute das Theater des "Westens" und seine Theoretiker genauer studierten und Formen und Motive ins Spiel brachten, die mit zum Bankrott der überkommenen Staatspropaganda führten.

Prof. Dr. Michael Gissenwehrer, Studium der Theaterwissenschaft, Musikwissenschaft und Sinologie an der Universität Wien. Dreieinhalb Jahre Erforschung des chinesischen Theaters auf Taiwan und in Beijing. Anschließend publizistische Tätigkeit und Management von Theater- und Showtourneen. 1988–1990 Lehrender an der Universität Bayreuth, 1990–1999 in Mainz, seit kurzem in München.

Forschungsschwerpunkte: Chinesisches bzw. interkulturelles Theater; englische Theatergeschichte, besonders der neueren Entwicklungen (Kane, Ravenhill, Welsh); analytische Theaterwissenschaft (Regie- und Schauspielstile); antik-griechisches Theater.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
PD Dr. Barbara Panse (Berlin)
Interkulturelle Austauschprozesse im Theater Lateinamerikas
Montag, 8. Mai 2000, 17.15 Uhr, P 5 (Philosophicum)


Fragen zu den Veranstaltungen an das Sekretariat
Das Projekt wurde erstellt von Caroline Schertz Drama und Theater