Prof. Dr. Gerd Böhmer (Mainz)
Neuronale Kommunikation.
Physiologie der Informationsverarbeitung
im Nervensystem
Dienstag, 9 . Mai 2000, 18.15 Uhr
Hörsaal N 3 (Muschel)
Die Informationsverarbeitung im Nervensystem wird am Beispiel des Tastsinns dargestellt. Bei der Informationsaufnahme durch Mechanorezeptoren der Haut erfolgt im Verlauf der Transduktion und Transformation durch die Adaptationsgeschwindigkeit der Rezeptoren eine erste Filterung von Reizeigenschaften. Die Reizqualitäten werden dabei vor allem in Form des Entladungsmusters der afferenten Nervenfasern codiert. Durch konvergente Verschaltung der Rezeptorafferenzen mit nachgeordneten Neuronen entstehen rezeptive Felder (RF), in denen durch Umfeldhemmung eine Kontrastierung der Erregung erreicht wird. Erregende synaptische Übertragung auf die postsynaptischen Neurone erfolgt durch Glutamat (AMPA- und NMDA-Rezeptoren), hemmende synaptische Übertragung durch g -Amino-Buttersäure. Im somatosensorischen System wird die Lokalität der Reize körperortsbezogen abgebildet (Somatotopie). Die neuronale Abbildung der Körperoberfläche ist zugunsten von Hand und Gesicht verzerrt. Die taktilen Informationen werden im primären somatosensorischen Cortex (SI) räumlich getrennt nach Adaptationstyp der Rezeptoren abgelegt. Die Neurone in SI sind durch ausgeprägte Orientierungsselektivität, teilweise auch durch Richtungsselektivität gegenüber bewegten Reizen im RF ausgezeichnet. Neurone gleicher Selektivität sind in corticalen Säulen angeordnet ("Module"). Die Größe der RF corticaler Neurone zeigt bei intensiver Nutzung des Tastsinns bzw. bei dessen Störung hohe Plastizität. Diese dynamische Anpassung der Somatotopie ist vermutlich durch die Plastizität der Glutamat-Synapsen bedingt. Deren Effektivität kann je nach Aktivierungsmuster eine Langzeit-Verstärkung (LTP) oder eine Langzeit-Abschwächung (LTD) erfahren. Sowohl LTP als auch LTD sind von der Aktivierung der NMDA-Rezeptoren abhängig.
Weiterführende Übersichtsliteratur:
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Die Physik von Leib und Seele – dargestellt
am menschlichen Farbensehen
Prof. Dr. Christoph v. Campenhausen (Mainz)
Dienstag, 23. Mai, 18.15 Uhr, Hörsaal
N 3 (Muschel)
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