Im Rahmen des Themenschwerpunktes

Eine Welt – eine Moral?

laden das Studium generale
zu folgendem Vortrag ein:
 

Prof. Dr. Wolfgang Kersting (Kiel)
Plädoyer für einen nüchternen Universalismus
Montag, 19. Juni 2000, 18.15 Uhr
Hörsaal N 3 (Muschel)

Der metaethische Konflikt zwischen universalistischen und partikularistischen Geltungstheorien in Moral und Recht verliert sofort seine akademische Harmlosigkeit, wenn man sich den Fragestellungen der normativen politischen Philosophie der internationalen Beziehungen zuwendet, die sich gegenwärtig auf zwei Problembereiche konzentrieren: auf das Problem der Intervention und auf das Problem einer internationalen Verteilungsgerechtigkeit. Vermögen wir keinen universalistischen Menschenrechtsbegriff zu verteidigen, dann besteht keine Möglichkeit, das völkerrechtliche Gewaltvermeidungsgebot zugunsten militärischer Menschenrechtsdurchsetzung zu durchbrechen. Vermögen wir keinen universalistischen Menschenrechtsbegriff zu verteidigen, dann verlieren wir auch jede Chance, normativ verpflichtende Gründe für eine internationale Politik der distributiven Gerechtigkeit zu finden. Andererseits darf der Einwand nicht weggewischt werden, daß der Menschenrechtsuniversalismus wenig anderes als Moralimperialismus, als Fortsetzung des Kolonialismus mit anderen Mitteln sei. Universalistische Begründungsargumente müssen sich daher vor einer Verabsolutierung kultureller Vorurteile hüten. Sie müssen eine Strategie wählen, die nach einer kulturinvarianten tragfähigen Grundlage sucht. Diese kann nur in dem von vielen verdächtigten Konzept der menschlichen Natur gefunden werden. Will sich der Universalismus unter Multikulturalismusbedingen behaupten, muß er das Konzept der menschlichen Natur rehabilitieren. Der Vortrag erläutert diese These und diskutiert ihre Konsequenzen.

Prof. Dr. Wolfgang Kersting: Ordinarius für Philosophie und Direktor am Philosophischen Seminar der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

Buchveröffentlichungen (in Auswahl):
Wohlgeordnete Freiheit. Immanuel Kants Rechts- und Staatsphilosophie, Frankfurt/M., 2. Aufl. 1993; Niccolò Machiavelli, München, 2. Aufl. 1998; Politische Philosophie des Gesellschaftsvertrags, Darmstadt 1994; Recht, Gerechtigkeit und demokratische Tugend, Frankfurt/M. 1997; Politische Philosophie der internationalen Beziehungen, hrgs. zus. mit Chr. Chwaszcza, Frankfurt/M. 1998; Platons ‚Politeia‘, Darmstadt 1999; Politische Philosophie des Sozialstaats (Hrsg.), Weilerswrist 2000; Theorien der sozialen Gerechtigkeit, Stuttgart 2000.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Wilhelm Korff (München)
Einheit und Pluralität der Moral – Testfall des Christlichen
Montag, 26. Juni, 18.15 Uhr, N 3 (Muschel)


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