Prof. Dr. Juan Signes
Codoñer
(Universität Valladolid/Spanien)
Justinian und Prokop:
der Kaiser und sein Historiker
Freitag, 21. Juni 2002, 18.15 Uhr, Hörsaal P 5 (Philosophicum)
Prokop von Kaisareia, der wohl bedeutendste Historiker seiner Zeit, schrieb in seiner »Geheimgeschichte« Ende des Jahres 550 folgendes über Kaiser Justinian I. (527-565): »Die Zahl seiner Opfer kann nach meinem Dafürhalten außer Gott niemand genau benennen. Schneller zählte man, glaube ich, alle Sandkörner als die vielen Menschen, die dieser Kaiser hinmorderte«. Einige Jahre später jedoch hat er die Regierung Justinians in seiner Schrift »Über die Bauwerke« ausdrücklich gelobt: »In unserer Zeit lebt Kaiser Justinian. Er übernahm den Staat in einem Zustand heilloser Verwirrung, gab ihm aber nicht nur größeren Umfang, sondern auch viel höheren Glanz, indem er dessen alte Peiniger, nämlich die Barbaren, vertrieb«. Diese und noch größere Widersprüche lassen sich in den Werken Prokops finden und haben in der Forschung zu unterschiedlichen Erklärungsmodellen geführt. Die konträren Aussagen Prokops über den Kaiser sind jedoch dadurch bedingt, daß dieselben Ereignisse aus einer jeweils anderen Sichtweise der Dinge dargestellt werden, wobei dies Rückschlüsse sowohl auf die Entstehung der »Geheimgeschichte« als auch auf den persönlichen Werdegang Prokops in der Zeit zwischen der Abfassung der beiden genannten Werke erlaubt.
Prof. Dr. Juan Signes Codoñer: Studium der Klassischen Philologie an den Universitäten Salamanca und Berlin (FU) sowie der Byzantinischen Philologie in Berlin und Wien. Promotion 1993 im Fach Gräzistik an der Universität Complutense (Madrid), 1996 Zweitpublikation/Habil. (ebd.) – 1990-1995 Wissenschaftlicher Assi-stent an der Universität Complutense (Madrid). – Seit 1996 ao. Professor am Seminar für Griechische Philologie an der Universität Valladolid.
Publikationen (in Auswahl):