MAINZER UNIVERSITÄTSGESPRÄCHE

Im Rahmen des Themenschwerpunktes

Globalisierung und die Kulturen der Welt

lädt das Studium generale zu folgender Veranstaltung ein:

Prof. Dr. Karl-Heinz Kohl (Frankfurt/M.)

Erfundene Vergangenheiten:
Ethnische Reaktionen
auf den Prozess der Globalisierung

Mittwoch, 3. Juli 2002, 17.15 Uhr
Hörsaal N 3 (Muschel)

Globalisierung und Ethnisierung sind weniger Antagonisten als ein Dioskurenpaar. Die verstärkte Konfrontation mit den moralischen Normen, den politischen Idealen und den ökonomischen Zielsetzungen der dominanten westlichen Einheitskultur wird oft als Bedrohung empfunden. Sie führt daher nicht notwendig zur Aufgabe überlieferter Wertvorstellungen, sondern löst weit häufiger eine Besinnung auf die Besonderheiten der eigenen Kultur aus. Im Sinne ethnischer Selbstbehauptung werden neue Abgrenzungen vorgenommen und die Differenzen betont. Das ist nicht nur im islamischen Bereich der Fall, sondern läßt sich auch in den Lokalkulturen beobachten, die früher über keine eigene schriftliche Überlieferung verfügten und deren Lebensformen von westlichen Ethnologen dokumentiert worden sind. Anhand ihrer Aufzeichnungen werden heute von indigenen Gruppen in Nordamerika und Australien, Afrika und Polynesien Vergangenheiten rekonstruiert, die der Behauptung der eigenen kulturellen Identität dienen. Oft handelt es sich dabei um Idealisierungen präkolonialer Zustände, die einer kritischen geschichtlichen Überprüfung zwar nicht standhalten, sich bei der Durchsetzung eigener Interessen dafür aber in der Gegenwart als um so geschichtsmächtiger erweisen können.

Prof. Dr. Karl-Heinz Kohl lehrt am Institut für Historische Ethnologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main und ist zugleich Direktor des dortigen Frobenius-Instituts. Er war von 1988 bis 1996 Professor am Institut für Ethnologie und Afrika-Studien der Universität Mainz und von 2001 bis 2002 Theodor-Heuss-Professor an der New School for Social Research in New York.

Neuere Veröffentlichungen:


Nächste Veranstaltung in dieser Reihe:
Prof. Dr. Martin Forstner (Mainz/Germersheim)
Feindbild Okzident – Ein Problem der arabischen Welt angesichts der Globalisierung
Mittwoch, 10. Juli 2002, 17.15 Uhr, N 3 (Muschel)
 
 
 
 
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