Virtuelle Welten
lädt das Studium generale zu folgender Veranstaltung ein:
Prof. Dr. Sybille Krämer (Berlin)
Verschwindet der Körper?
Über unseren Umgang
mit virtuellen Welten
Dienstag, 28. Mai 2002, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Der Umgang mit dem Computer, ob nun in
der Kommunikation im Netz oder beim Eintauchen in virtuelle Realitäten,
wird meist als ein Vorgang der Entkörperung gedeutet. Der Vortrag
möchte zeigen, dass die Annahme vom ‚Verschwinden des Körpers‘
unter den Bedingungen der Informatisierung fehlgeht. Was in virtuellen
Realitäten geschieht, ist nicht einfach eine Auflösung des Körpers,
vielmehr seine Aufspaltung in einen physischen Leib und einen Datenkörper.
Und das Wechselspiel zwischen ‚Fleischkörper‘ und ‚Zeichenkörper‘
bleibt die Bedingung für einen Nutzer, mit virtuellen Realitäten
überhaupt interagieren zukönnen. Was das bedeutet, wird nicht
nur theoretisch, sondern an konkreten Phänomenen erörtert: Warum
ist es möglich, somatische Symptome bei Menschen, die an der Höhenangst
leiden, in virtuellen Installationen zu erzeugen und dort auch zu therapieren?
Und wie ist der schon oft diskutierte Fall einer ‚Netzvergewaltigung‘ in
einer virtuellen Abenteuerwelt zu interpretieren? Wird nicht zumindest
die Handlungsdimension der Rede, die doch die Grundlage der zeitgenössischen
Sprechakttheorie ist, in der telematischen Kommunikation außer Kraft
gesetzt? Bedeutet die Pseudonymisierung der
Netzkommunikation, bei der die Kommunizierenden
als ‚Chiffrenexistenzen‘ teilnehmen, nicht die Verwandlung der leibhaftigen
Person in eine künstliche ‚persona‘ (lat.: Maske, Schauspieler)?
Sybille Krämer: Professorin
für Philosophie an der Freien Universität Berlin. Schwerpunkte
in Lehre und Forschung sind der philosophische Rationalismus im 17. Jahrhundert,
vor allem aber Fragen der Theorie des Geistes, der Sprach- und Medientheorie
sowie der Kulturphilosophie. Leiterin mehrerer durch die
Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderter
Forschungsprojekte u.a. zu Problemen der Computerisierung (Hypertext, Internetkommunikation).
Gründungsmitglied des Helmholtz-Zentrums für Kulturtechnik an
der Humboldt-Universität. Mitglied im Graduiertenkolleg ‚Körperinszenierungen‘,
im Berliner
Sonderforschungsbereich ‚Kulturen des
Performativen‘ sowie in der interdisziplinären Forschergruppe ‚Bild,
Schrift, Zahl‘. Seit 2000 Mitglied im Wissenschaftsrat.
Veröffentlichungen in Auswahl:
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