Das Seminar für Klassische Philologie
und das Studium generale
laden zu folgendem Gastvortrag ein:
Prof. Dr. Christoph Riedweg (Zürich)
Zum Ursprung des Wortes "Philosophie" oder
Pythagoras von Samos als Wortschöpfer
Dienstag, 20. Mai 2003, 18.15 Uhr,
Hörsaal P 2 (Philosophicum)
"Satz des Pythagoras", Sphärenharmonie, Seelenwanderung, Vegetarismus
und Bohnentabu - das sind einige der Assoziationen, die Pythagoras bis heute
evoziert. Sprachschöpferische Tätigkeit gehört kaum dazu. Und
doch scheint der legendenumrankte Denker und Weisheitslehrer des 6. und frühen
5. Jahrhunderts v. Chr. in der Antike gerade auch dafür bewundert worden
zu sein. Als Leistung des Namengebers Pythagoras galt außer
der Übertragung des Wortes kósmos ("Ordnung, Schmuck, kunstvolles
Werk") auf das wohlgeformte Weltall in erster Linie die Prägung des
Kompositums philó-sophos: "weisheitsliebend, Weisheitsfreund".
Angesichts des Erfolgs, den die Wortfamilie nicht nur in der abendländischen
Geistesgeschichte hatte, überrascht es kaum, dass sich die Forschung wiederholt
der Frage ihrer Herkunft angenommen hat. Sind die antiken Zeugnisse, welche
einhellig Pythagoras als Schöpfer bezeichnen, glaubwürdig? Passt das
Ideal eines dem Betrachten und Erforschen der Welt gewidmeten Lebens (theoría,
contemplatio), welches in der mit der Wortschöpfung verbundenen Anekdote
gepriesen wird, zu dem, was wir sonst über Pythagoras' Lebensstil und sein
Selbstverständnis als Guru und Gelehrter erfahren? Auf diese und weitere
Fragen versucht der Vortrag eine Antwort zu geben.
Christoph Riedweg, geboren 1957. Studium der Klassischen Philologie und
Musikwissenschaft in Zürich, 1987 Promotion, 1992 Habilitation. Von 1993
bis 1996 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und seither an der
Universität Zürich Professor für Klassische Philologie/Gräzistik.
Forschungsschwerpunkte: spätarchaische Dichtung und Philosophie (bes. Orphik,
Pythagoreismus), klassische Tragödie, jüdisch-hellenistische und frühchristliche
Literatur, Platonismus und seine Rezeption in Kaiserzeit und Spätantike.
Buchpublikationen des Referenten: Mysterienterminologie bei Platon, Philon
und Klemens von Alexandrien (Berlin-New York 1987). - Jüdisch-hellenistische
Imitation eines orphischen Hieros Logos - Beobachtungen zu OF 245 und 247 (sog.
Testament des Orpheus) (Tübingen 1993). - Ps.-Justin (Markell von Ankyra?),
Ad Graecos de vera religione (bisher "Cohortatio ad Graecos"). Einleitung
und Kommentar (Basel 1994). - Pythagoras: Leben - Lehre - Nachwirkung. Eine
Einführung (München 2002).
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