Der Interdisziplinäre Arbeitskreis für Drama und Theater

und das Studium generale

laden im Rahmen der Ringvorlesung

»Ausdruck und Größe des 19. Jahrhunderts«

in Drama und Theater

zu folgendem Vortrag ein:

 

Prof. Dr. Wolfgang Düsing

(Deutsches Institut, Universität Mainz)

 

Hebbels »Nibelungen«

Mythos und Geschichte in einem »deutschen Trauerspiel«

 

Montag, 24. Mai 2004, 18.15 Uhr, P 5 (Philosophicum)

Im Untertitel nennt Hebbel seine Nibelungen-Tragödie prononciert »ein deutsches Trauerspiel«. Er signalisiert damit, dass die Dramatisierung des mittelalterlichen Nibelungenliedes, des »National-Epos«, als Nationaldrama  aufgefasst werden soll. Das mit dem Historismus erwachende Interesse an der nationalen Vergangenheit dient der Bewältigung der mit der Revolution von 1848 ausgelösten Zukunftsängste. Hebbel, der schon in »Agnes Bernauer« dem »deutschen Reich ein Denkmal« setzen wollte, beteiligt sich hier an der »Arbeit am Mythos« (Blumenberg). Als Seitenstück zum Habsburgischen Mythos, bis heute eines der zentralen Themen der österreichischen Literatur, und dem weniger erforschten Gegenstück, dem preußischen Mythos, entwickelt sich aus der Rezeption des Nibelungenliedes ein Untergangsmythos, dessen Schatten bis weit in das 20. Jahrhundert reicht. Hebbels »Nibelungen« sind für spätere Radikalisierungen nicht verantwortlich, aber sie stehen in einer weit in die Vergangenheit zurückreichenden und nach Hebbel weiter wirkenden Tradition und repräsentieren wie kaum ein anderes Drama der deutschen Literatur Größe und Problematik einer für das 19. Jahrhundert charakteristischen Konzeption der Tragödie und des Tragischen.

Wolfgang Düsing war von 1976 bis 1983 Professor für Neuere deutsche Literaturgeschichte an der Univer­sität Trier und ist seit 1983 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz tätig.

Neuere Publikationen zum Umkreis des Themas: Aspekte des Geschichtsdramas. Von Aischylos bis V. Braun. (Hg.). Tübingen 1998. – »Parodie und Poetik in G. Hauptmanns Tragikomödie ›Die Ratten‹«. In: Die ganze Welt ist Bühne. Fs. Klaus Pörtl. Hg. v. M. Perl u. W. Pöckl. Bern 2003. – »Hebbels ›Demetrius‹ zwischen Schiller und V. Braun.« In: Hebbelsymposium 2002. Wien 2004 (demnächst). – »Deutsche Geschichte im Spiegel von Volker Brauns Nibelungendrama.« In: (Mhg.): Tendenzen im Geschichtsdrama und Geschichts­roman des 20. Jahrhunderts. Symposion Opatija 2003. Zagreb 2004 (demnächst).

Nächster Vortrag in dieser Reihe:

Prof. Dr. Erwin Rotermund (Deutsches Institut, Universität Mainz)

Jacques Offenbachs mythologische Travestien

Montag, 7. Juni 2004, 18.15 Uhr, P 5 (Philosophicum)