Der italienische Futurismus - Rückschau und Ausblick

[im Rahmen der Veranstaltungsreihe ITALIA GERMANIA]

Studium generale der Universität Mainz

in Verbindung mit

Akademie für Bildende Künste
Hochschule für Musik
Kultursommer Rheinland-Pfalz e.V.

Freitag, den 4. Juni 2004

Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Alte Mensa, Becherweg 5

 

14.00-15.30 Uhr: Vortrag mit Lichtbildern

Prof. Dr. Jörg Zimmermann
(Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Akademie für Bildende Künste)

Es gibt nichts Schöneres als ein großes summendes Elektrizitätswerk

Zur zweideutigen Aktualität futuristischer Ästhetik

Ausgangspunkt des Vortrags sind Bilder aus dem ehemaligen Elektrizitätswerk in Rom-Ostiense, in dem seit einigen Jahren antike Götter und Helden zusammen mit stillgelegten Maschinen koexistieren: Die Historisierung des Futurismus ist augenfällig geworden. Auf der anderen Seite prägen vom Futurismus ausgehenden Impulse maßgeblich die globalisierte Kulturindustrie mit ihrer aggressiven Ästhetik, unterstützt von neuen Technologien, die bestimmte Visionen der Menschmaschine und des Maschinenmenschen in die Realität umsetzen wollen. Marinettis handfeste Deutung der Philosophie Heraklits, daß „der Krieg der Vater aller Dinge“ sei, ist daher aktueller denn je: Der ästhetische Creator habe stets das Recht, auch Terminator zu sein.

 

15.30-17.00 Uhr: Vortrag in italienischer Sprache mit Simultanübersetzung

Prof. Dr. Simona Cigliana
(Universität Rom La Sapienza)

Futurismus und Esoterik

Untersuchungen zur „anderen Seite“ einer Poetik der Avantgarde

In ihrem preisgekrönten, 2002 in zweiter Auflage in Neapel erschienenen Buch „Futurismo Esoterica“ stellt die in Rom lehrende Literaturwissenschaftlerin Simona Cigliana den Futurismus in den Kontext der antirationalistischen Impulse der europäischen Avantgardebewegungen: Die futuristische Technikverherrlichung wird von magischen, spiritistischen, okkultistischen und theosophischen Impulsen gespeist. Ziel des Vortrages ist es, diese nicht zuletzt vom „Übermenschen“ Nietzsche-Zarathustras inspirierte  „Nachtseite“ durch pointierte Streiflichter zu erhellen.

 

17.15-18.45 Uhr: Vortrag/Gesprächskonzert

Prof. Dr. Ludwig Striegel
(Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Hochschule für Musik)

Musica futurista?

Klangutopien des italienischen Futurismus im Kontext Neuer Musik

Als Redner und Pianist in Personalunion entwickelt Ludwig Striegel am Steinway-Flügel, ergänzt durch Tondokumente, ein Panorama futuristisch inspirierter Musik: vom Beitrag Italiens mit Luigi Russolos Klangbild einer „erwachenden Stadt“, realisiert durch eigens konstruierte „Geräuschemacher“ (Intonarumori), über Ausstrahlungen Richtung Frankreich, USA und Sowjetunion (Satie, Varèse, Antheil, Mossolow), mit einer Mainzer Erstaufführung von Leo Ornsteins „Selbstmord im Flugzeug“ bis zur Musik von Gruppen wie "Kraftwerk" und "Einstürzende Neubauten".  

 

20.00-22.00 Uhr: Szenische Lesung

Steve Karier (Staatstheater Mainz)

Acht Seelen in einer Bombe - eine futuristische Soirée

Die große Heilung / Erstes futuristisches Manifest / Dsang Tumb Tuuum / Genosse Leo Trotzki / Meinem lieben und großen Freund Benito Mussolini / Exzellenz Marinetti / Futurismus in der Italienischen Enzyklopädie der Wissenschaften, Philologien und Künste / Wie man die Frauen verführt / „Szenen aus der futuristischen Küche / Krieg der Pasta asciutta! 7 Die vollkommene futuristische Mahlzeit / Das futuristische Mahl als Liebeserklärung / Die Meerestafel der befreiten Worte / Weiß und schwarz / Karotte + Hosen = Professor / eine Bombe à la Marinetti

Parole in libertà! Die Sprache in Freiheit zu setzen, war eines der Ziele des Futurismus. Die Lesung soll die Atmosphäre der zumeist in Tumulten endenden surrealistischen Abende zurückrufen, dies jedoch in einer Weise, die das kritische Bewußtsein wachhält. Auf solche Weise geläutert und vor ahististorischer Ästhetisierung bewahrt, darf sich das versammelte Publikum anschließend mit gutem Gewissen kulinarischen Genüssen hingeben, zu denen u.a. die futuristische Synästhesie von Maschinen- und Olivenöl, Schraubenmuttern und Zucchinischeiben, Eisenspänen und Maccharoni gehört.

 

italienisches Buffet
mit Kostproben aus der futuristischen Küche (cucina futurista)

Kontakt:
Prof. Dr. Ludwig Striegel, Hochschule für Musik, Unversität Mainz
Prof. Dr. Jörg Zimmermann, Akademie für Bildende Künste, Universität Mainz