Der
Interdisziplinäre Arbeitskreis für Drama und Theater
und das Studium
generale
laden
im Rahmen der Ringvorlesung
zu
folgendem Vortrag ein:
(Seminar für Englische
Philologie, Universität Mainz)
Bösewichte zum
Vergnügen?
Zum
amerikanischen Melodrama im 19. Jahrhundert
Montag, 19. Juli 2004,
18.15 Uhr, P 5 (Philosophicum)
Spielarten des Melodramas beherrschen das amerikanische Theater
vor Eugene O’Neill. Französischer, britischer und amerikanischer Herkunft ist
das Melodrama eine transnationale Form, das zudem häufig populäre Romane für
die Bühne adaptiert und zahlreiche Zuschauer aller Schichten anzieht, die vor
allem Unterhaltung suchen. Innerhalb des dramatischen Grundmusters spielt die
Figur des Bösewichts eine entscheidende Rolle, indem er die Handlung initiiert,
die Heldin bedroht und sensationellem Ungemach aussetzt, bis er, meistens
durch den Helden, seine gerechte Strafe erhält. Der Bösewicht sorgt somit für
das Vergnügen, das die Zuschauer in den übersteigerten Sensationen des
Bühnengeschehens suchen. Während die sentimentale Rezeptionsästhetik von einer
Identifikation der Zuschauer mit der leidenden Heldin ausgeht, legt es die
Grundstruktur des Melodramas nahe, dass die Zuschauer das Leiden der Heldin
genießen und sich dabei wohlfühlen, weil sie wissen,
dass das Böse nicht obsiegen wird und eine affirmative Bestätigung des Guten zu
erwarten ist. Um die Jahrhundertwende und in den ersten Jahrzehnten des zwanzigsten
Jahrhunderts wird dieses Muster aufgebrochen: das Melodrama geht im gesellschaftskritischen
»social problem«-Drama auf,
verliert dabei aber auch seine Attraktion für ein Massenpublikum, das sich dann
dem neuen Medium Film zuwendet, in dem Elemente des früheren Melodramas
aufgegriffen und weiterentwickelt werden.
Winfried Herget ist Professor für
Amerikanistik an der Johannes Gutenberg-Universität seit 1978.
Literatur zum Thema:
Jeffrey D. Mason, Melodrama
and the Myth of America, Bloomington 1993. – Bruce A. McConachie,
Melodramatic Formation: American Theater and Society, 1820–1870, Iowa City 1992. –
Daniel Gerould (ed.), American Melodrama, New York 1983. – Michael R. Booth (ed.), Hiss the Villain: Six English and American
Melodramas, New York 1964. – Maurice W. Disher, Melodrama: Plots that Thrilled, New
York 1964.