»Vorträge in der Musikwissenschaft«
Vortragsreihe des Musikwissenschaftlichen Instituts
zum Themenschwerpunkt des Studium generale
»Mehr als graue Theorie:
Licht und Farben in Wissenschaft und Kunst«

 

Dr. Albert Gräf (Mainz)

Klangfarben und Stimmungen in der Musik:

Über die mathematischen Grundlagen von Konsonanz und Dissonanz

Donnerstag, 1. Juli 2004, 19.00 Uhr

Hörsaal des Musikwissenschaftl. Instituts (Philosophicum, linker Vorbau)

Musikalische Klänge besitzen im Unterschied zu vielen anderen, uns tagtäglich umgebenden Geräuschen die besondere Qualität einer wahrnehmbaren Tonhöhe. Physikalisch betrachtet handelt es sich dabei um Schwin­gungen des Luftmediums, die eine gewisse Periodizität aufweisen. Bereits in der Antike führte die Schule um Pythagoras Experimente am Monochord, einem einfachen Saiteninstrument, durch, um die Regeln der Zu­sam­menwirkung musikalischer Klänge zu ergründen. Um 1800 zeigte Fourier, dass sich periodische Schwin­gungen auf eine mathematische Reihe von sinusförmigen Schwingungen zurückführen lassen, deren Fre­quen­zen alle ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz sind. Helmholtz stellte im 19. Jahrhundert fest, dass die relativen Amplituden dieser Obertöne den Charakter eines Klangs (die »Klangfarbe«) bestimmen, und leitete daraus Maßgrößen für die Qualität des Zusammenklangs her. Im 20. Jahrhundert wurde es möglich, die damit zusammenhängenden physiologischen und psychologischen Phänomene der menschlichen Schall­wahrnehmung genauer zu untersuchen.

In der musikalischen Praxis spiegeln sich die theoretischen Überlegungen zur »Sonanz« von Intervallen in den Stimmungen der Musikinstrumente wieder. Die heute zumindest in der westlich geprägten Musik gebräuchliche »gleichschwebende« Stimmung stellt dabei einen Kompromiss zwischen Reinheit der Intervalle und Spielbarkeit in verschiedenen Tonarten dar und bildet den vorläufigen Abschluss einer langwierigen Entwicklung, beginnend bei der lange vorherrschenden pythagoreischen Stimmung, über didymische und mitteltönige Stimmungen hin zu den verschiedenen ab dem 17. Jahrhundert entwickelten Temperaturen. In der zeitgenössischen Musik finden auch historische Stimmungen wieder Verwendung, und es werden neuartige Systeme entwickelt mit dem Ziel, den Tonvorrat zu erweitern und zu bereichern. Theorie und Praxis der reinen und temperierten Stimmungen ist daher auch heute noch ein aktives Forschungsgebiet. Wir diskutieren die musikalischen, physikalischen und mathematischen Grundlagen von Stimmungs-Systemen und zeigen neue An­sätze auf, mit denen solche Systeme analysiert und konstruiert werden können.

Dr. rer. nat. Albert Gräf ist seit 1998 Leiter der Abteilung »Musikinformatik« des Musikwissenschaftlichen Instituts der Johannes Gutenberg-Universität und beschäftigt sich mit interdisziplinären Fragestellungen im Grenzbereich zwischen Musik, Mathematik, Informatik und Medientechnik.

Abschlussvortrag dieser Reihe:

Prof. Dr. Reinhard Wiesend (Mainz)

Zur Bedeutung des Lichts für Mozarts Opern

Donnerstag, 22. Juli 2004, 19.00 Uhr, Hörsaal des Musikwissenschaftlichen Instituts