Wasserkonflikte in der Dritten Welt
Freitag, 19. Januar 2001, 9.15 Uhr –
18.15 Uhr
Samstag, 20. Januar 2001, 9.15 Uhr
– 13.30 Uhr
Atrium / Alte Mensa (Am Forum 5)
Freitag, 19. Januar 2001
Prof. Dr. Günter MEYER (Vorsitzender des Interdisziplinären Arbeitskreises Dritte Welt, Universität Mainz): Begrüßung und Einführung in die Thematik
Prof. Dr. Eckart EHLERS (Institut für Wirtschaftsgeographie, Universität Bonn): Wasser: Ressourcen und Verfügbarkeit – ein globaler Überblick
Oberstleutnant i. G. Jörg BARANDAT (Führungsakademie der Bundeswehr, Hamburg): Das Recht am Wasser – politische Einflussmöglichkeiten zur Konfliktbewältigung
Dr. Hinrich EYKEN (Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, Eschborn): Wasser – ein internationaler Konfliktstoff: Von der Konfrontation zur Kooperation
13.15 – 14.30 Uhr Mittagspause
Prof. Dr. Günter MEYER (Geographisches Institut, Universität Mainz): Wasserkonflikte am Nil zwischen den Anrainerstaaten und innerhalb Ägyptens
Dr. Annette VAN EDIG (Zentrum für Entwicklungsforschung, Bonn): Internationale Konflikte durch nationales Wassermanagement? Zur politischen Ökonomie der Wassernutzung des Voltaflusses am Beispiel Ghanas
Prof. Dr. Michael BOLLIG (Institut für Ethnologie, Universität Köln): Wasserlöcher, Brunnen, Dämme – Probleme kommunalen Wassermanagements in ländlichen Gemeinschaften arider Zonen Ost- und Südafrikas
Samstag, 20. Januar 2001
Prof. Dr. Gerd KOHLHEPP (Geographisches Institut, Universität Tübingen): Interessenkonflikte bei der Anlage großer Stauseen zur Energiegewinnung in Brasilien
Prof. Dr. Ernst STRUCK (Lehrstuhl für Anthropogeographie, Universität Passau): Das Südostanatolienprojekt (GAP): Idee und Wirklichkeit eines Wassernutzungs- und Entwicklungsprojekts
Dipl.-Geophysiker Hans Dieter SAUER (München): Das Drei-Schluchten-Projekt: Jahrhundertwerk oder Größenwahn?
Andreas THIMM M. A. (Studium generale, Universität Mainz): Moderation der Abschlussdiskussion aller Referenten
Anmeldung an: Zentrum für Wissenschaftliche Weiterbildung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 55099 Mainz, Tel.: 06131/39 222901, Fax: 06131/39 24714, E-mail: zww@verwaltung.uni-mainz.de
Prof. Dr. Eckart EHLERS (Institut
für Wirtschaftsgeographie, Universität Bonn):
Wasser: Ressourcen und
Verfügbarkeit – ein globaler Überblick
Inhalt dieses Einleitungsreferats wird
es sein, auf die globale Dimension des Themas Süßwasserressourcen
aufmerksam zu machen. Der Kampf um Wasserressourcen ist nicht nur ein Konflikt
innerhalb der Dritten Welt oder Teilen davon, sondern er berührt die
globale Dimension. Wasserverfügbarkeit und Wasserverbrauch sind –
in globalem Maßstab – durch signifikante Unterschiede gekennzeichnet
und bergen insofern auch ein potentielles Konfliktpotential zwischen der
Ersten und der Dritten Welt. Der Einführungsvortrag wird also versuchen,
die globalen Rahmenbedingungen von Wasserverfügbarkeit und Wassernutzung
aufzuzeigen. Der besondere Schwerpunkt wird dabei auf die Dritte Welt und
ihre Teilsegmente gelegt.
Oberstleutnant i. G. Jörg BARANDAT
(Führungsakademie der Bundeswehr, Hamburg):
Das Recht am Wasser –
politische Einflussmöglichkeiten zur Konfliktbewältigung
Bürgergesellschaften (Civil Societies)
regeln ihre inner- wie zwischenstaatlichen Beziehungen sehr weitgehend
mit Hilfe rechtlicher Instrumente. Das „Recht des Stärkeren“ wird
dadurch relativiert. In Europa erfolgt daher die Nutzung grenzüberschreitender
Gewässer entlang Handlungsfreiheit einschränkender, völkerrechtlicher
Normen, so z. B. die „Helsinki Rules“ / „Helsinki Convention“, Richtlinien
der Europäischen Union sowie eine Vielzahl von Flussgebietsübereinkommen.
Anders verhält es sich dagegen in
wasserarmen Regionen. Wasser wird dort zu einem signifikanten entwicklungsbegrenzenden
Faktor und damit auch zum Instrument der Machtausübung. Da, historisch
und politisch bedingt, dort Bürgergesellschaften nicht oder nur sehr
rudimentär ausgebildet sind, erscheint eine gewaltsame Konfliktaustragung
um die Ressource Wasser zwangsläufig.
Die Völkerrechtskommission der UNO
legte 1994 einen Entwurf zu einer internationalen Wasserkonvention vor.
Obwohl als „kleinster gemeinsamer Nenner“ lediglich „soft law“, war eine
große Zahl von Staaten nicht zur Zustimmung bereit. Nach einer in
Teilen kompromisslosen Diskussion wurde das Flussgebiets-Übereinkommen
am 21.05.97 in der Generalversammlung dennoch angenommen: 103 Nationen
stimmten zu, drei Nationen stimmten dagegen und 27 Nationen enthielten
sich. Daran wird deutlich: Eine solche „Framework Convention“ fordert zur
aktiven politischen Gestaltung geradezu heraus, wenn sie Wirkung entfalten
soll.
Der Vortrag führt im ersten Teil
in das Flussgebiets-Übereinkommen ein, beschäftigt sich in einem
zweiten Teil exemplarisch mit seiner politischen Umsetzung und zieht am
Ende Folgerungen für eine deutsche und europäische integrierte
Wasseraußenpolitik zur Entschärfung der Konflikte in der Dritten
Welt.
Dr. Hinrich EYLERS (Deutsche Gesellschaft
für Technische Zusammenarbeit, Eschborn):
Wasser – ein internationaler
Konfliktstoff: Von der Konfrontation zur Kooperation
Wasser – insbesondere Trinkwasser – ist
weltweit eine sich besorgniserregend verknappende Ressource. Es wird befürchtet,
dass zukünftige internationale Konflikte oder sogar Kriege eher um
Wasser als um Öl entstehen. Beispiele aus Entwicklungsländern
und zahlreiche internationale Konferenzen, in denen die Probleme der Entwicklungsländer
einen besonderen Stellenwert haben, lassen hoffen, dass die Behandlung
von grenzübergreifenden Wasserproblemen friedlich und kooperativ geschehen
wird. Am Beispiel von Ländern des Nahen Ostens kann man die Dimensionen
von Konflikten um knappes Wasser und seine Nutzung – alte Rechte, Machtstrukturen,
konkurrierende Nutzungsinteressen, Sicherheitsdenken, soziale Dimension
– beschreiben. Es lassen sich aber auch Lösungsstrategien aufzeigen,
um drohende Konflikte durch politische, wirtschaftliche und technische
Initiativen zu entschärfen. Gerade in den Ländern der Dritten
Welt kann das Zustandekommen tragfähiger zwischenstaatlicher Strukturen
für nachhaltige regionale Wasserbewirtschaftung erhebliche Entlastung
bedeuten. Deutsche Entwicklungspolitik konzentriert sich u.a. auf dieses
Thema.
Prof. Dr. Günter MEYER (Geographisches
Institut, Universität Mainz):
Wasserkonflikte am Nil zwischen
den Anrainerstaaten und innerhalb Ägyptens
Kein anderer Anliegerstaat ist so sehr
vom Nil abhängig wie Ägypten. Die Sicherstellung der ausrei-chenden
Versorgung mit Nilwasser ist für dieses Land eine Frage des Überlebens.
Als Unterlieger hat Ägypten ein vitales Interesse daran, zu verhindern,
dass die beiden Oberliegerstaaten Sudan und Äthiopien durch neue Staudamm-
und Bewässerungsprojekte ihren Anteil am Nilwasser erhöhen. Droht
aus dem daraus resultierenden Konfliktpotential ein Krieg um das Nilwasser
– mit Raketen, die auf den Assuan-Hochdamm abgefeuert werden, als Horrorszenario?
Diese Frage wird ebenso zur Diskussion gestellt wie das Konfliktpotential,
das sich innerhalb Ägyptens durch die Nutzung des immer knapper werdenden
Nilwassers für das neue Toshka-Bewässerungsprojekt ergibt – ein
umstrittenes Megaprojekt, das alle bisherigen Maßnahmen zur Neulanderschließung
bei weitem übertrifft.
Dr. Annette VAN EDIG (Zentrum für
Entwicklungsforschung, Bonn):
Internationale Konflikte
durch nationales Wassermanagement? Zur politischen Ökonomie der Wasser-nutzung
des Voltaflusses am Beispiel Ghanas
Der Volta durchfließt sechs westafrikanische
Länder, wobei Burkina Faso und Ghana die wichtigsten Anrainer-staaten
sind, da die Wirtschaft beider Länder wesentlich von der Nutzung des
Voltaflusses abhängt. Inwieweit eine ökologisch, ökonomisch
und sozialpolitisch nachhaltige Wassernutzung auf nationaler und internationaler
Ebene durchgeführt werden kann, ist Forschungsgegenstand des GLOWA-Volta
Projektes, das kurz vorgestellt werden wird.
Im Rahmen des Vortrages wird der institutionell-rechtliche
Forschungsansatz des GLOWA-Volta Projektes erläutert. Im Mittelpunkt
stehen dabei Wassernutzungsprojekte der Anrainerstaaten und mögliche
zwischenstaatliche Wasserkonflikte und Kooperationsmöglichkeiten an
dem internationalen Fluss. Anschließend wird die gegenwärtige
Wassernutzung und das Wassermanagement in Ghana dargestellt. Es wird verdeutlicht,
nach welchen ökonomischen und politischen Kriterien die Wasserallokation
stattfindet und welche institutionelle Regelungen hierzu genutzt werden.
Dabei werden bestehende Probleme der Wasserversorgung auf nationaler Ebene
und ihre Auswirkungen auf internationale Ebene analysiert und mögliche
Lösungsvorschläge zur Diskussion gestellt.
Prof. Dr. Michael BOLLIG (Institut
für Ethnologie, Universität Köln):
Wasserlöcher, Brunnen,
Dämme – Probleme kommunalen Wassermanagements in ländlichen Gemein-schaften
arider Zonen Ost- und Südafrikas
In den ariden Zonen Ost- und Südafrikas
finden wir eine Vielzahl unterschiedlicher kommunaler Managementsysteme
für Wasser: saisonal nutzbare Wasserlöcher werden von Familiengruppen
genutzt, permanente Brunnen von lokalen Gemeinschaften, für Kleindämme
treten häufig größere soziale Verbände als Nutzer
auf. In der Regel gilt, je größer die Nutzergruppe desto problematischer
wird eine Koordination der Nutzung.
Zahlreiche Wasserstellen werden heute
durch den Staat oder Nicht-Regierungsorganisationen eingerichtet. Das Management
verbleibt allerdings meist bei lokalen Gemeinschaften bzw. durch den Staat
oder die NGOs gegründeten „Brunnen“- oder „Dammkomitees“. Dieses gemeinsame
Management ent-wickelt sich häufig problematisch und endet oft darin,
dass Wasserressourcen zu klassischen „open-access“-Ressourcen – Ressourcen
ohne Zugangsbeschränkung werden, die rasch degradieren. Wegen mangelnder
Instandhaltung verfallen Brunnen, und Dammwände brechen ein: Die Schuld
wird dann häufig der lokalen Gemeinschaft zugewiesen. Eine genauere
Analyse zeigt allerdings, dass es vor allem institutionelle Probleme des
kommunalen Managements kollektiver Güter sind, oft durch staatliche
Eingriffe noch intensiviert, die zum Scheitern von Wasserprojekten führen.
Prof. Dr. Gerd KOHLHEPP (Geographisches
Institut, Tübingen):
Interessenkonflikte bei
der Anlage großer Stauseen zur Energiegewinnung in Brasilien
Als eines der Länder mit dem größten
hydroelektrischen Potential hat Brasilien eine Anzahl von Großkraftwerken
mit enormen Stauseen im Paraná-Becken, am Rio São Francisco
im Nordosten des Landes sowie in den tropischen Regenwäldern Amazoniens
errichtet. Einige Stauseeprojekte mit unkoordinierter Planung, aus deren
Finanzierung sich die Weltbank zurückzog, haben schwerwiegende ökologische
Folgewirkungen gezeitigt, so vor allem Tucuruí und Balbina. Bei
vielen Projekten haben sozioökonomische Interessenkonflikte und fehlende
oder ungeeignete Umsiedlungsprogramme zu folgenschweren Eingriffen in die
Lebenswelt der Betroffenen und damit zu massiven Protesten der marginalisierten
Bevölkerung geführt. In Zukunft werden nur ein partizipativer
Entscheidungsprozess, die Berücksichtigung der ökologischen und
sozialen Folgenkosten der Projekte sowie Alternativen in Form von Kleinkraftwerken
eine ökologisch nachhaltige, sozial gerechte und ökonomisch durchführbare
Regionalentwicklung ermöglichen.
Prof. Dr. Ernst STRUCK (Lehrstuhl
für Anthropogeographie, Universität Passau):
Das Südostanatolienprojekt
(GAP). Idee und Wirklichkeit eines Wassernutzungs- und Entwicklungsprojekts
Die Türkei hat sich zur Aufgabe gemacht,
das überaus große Wasserpotential von Euphrat und Tigris optimal
zu nutzen. Die Produktion von Hydroenergie für die rasant wachsende
Bevölkerung und Wirtschaft des gesamten Landes wie auch für die
mögliche Industrieansiedlung und notwendige Stadtentwicklung innerhalb
der Region stehen auf der einen Seite der Bemühungen. Auf der anderen
Seite ist es möglich, große Teile des „fruchtbaren Halbmondes“
durch die Bewässerung landwirtschaftlich intensiv zu nutzen und hier
der ländlichen Bevölkerung eine bessere Lebensgrundlage zu bieten:
Die türkische Regionalplanung will auf dieser Basis den noch in nahezu
allen Lebensbereichen weit zurückgebliebenen Südosten entwickeln.
Die Verfügungsgewalt über das gesamte Wasser beider Ströme
in der Hand der Türkei bietet zunehmend Anlass zu Konflikten mit den
Unterliegern und Nachbarn Syrien und Irak. Das „Wasserkonfliktpotential“,
die geopolitische Situation in dieser Region, kann nur auf der Grundlage
einer sachlichen Analyse der Wasserressourcen, ihrer tatsächlichen
Nutzung und der türkischen Planungsvorhaben bestimmt werden.
Dipl.-Geophysiker Hans Dieter SAUER
(München):
Das Drei-Schluchten-Projekt:
Jahrhundertwerk oder Größenwahn?
Das Drei-Schluchten-Projekt am Jangtse
ist eines der ehrgeizigsten Wasserbauvorhaben, die je in An-griff genommen
wurden. Es soll drei Zwecke erfüllen: Verbesserten Hochwasserschutz
für Millionen von Menschen, Stromerzeugung in der Größenordnung
von zehn Kernkraftwerken sowie Erleichterung der Schifffahrt auf Chinas
wichtigster Wasserstraße. Von Anti-Staudamm-Gruppen im Westen wird
das gigantische Vorhaben als rücksichtsloses Prestigeprojekt der chinesischen
Regierung angeprangert. Die meisten Einwände sind jedoch nicht stichhaltig.
Insbesondere können keine anderen Maßnahmen ein vergleichbares
Maß an Flutkontrolle gewährleisten.
Die schwerste Hypothek ist die erforderliche
Umsiedlung von bis zu 1,8 Millionen Menschen. Ob dieses Problem gemeistert
werden kann, wird im wesentlichen davon abhängen, ob generell in China
und speziell in der Projektregion der wirtschaftliche Aufschwung weitergeht.
Wenn sich für die Mehrheit der Menschen der Lebensstandard verbessert,
wird das die unvermeidlichen Schwierigkeiten überdecken. Anderenfalls
würden sich die ohnehin vorhandenen sozialen Konflikte noch mehr verschärfen.
Fragen zu den Veranstaltungen an das Sekretariat | |
Reihen - Tagungen - Symposien |