Prof. Dr. Werner Breig (Bochum/Erlangen)
Die musikdramatische Konzeption von Wagners »Ring des Nibelungen«
Mittwoch, 10. Januar 2001,
17.15 Uhr
Hörsaal N 1 (Muschel)
»Das Nibelungenlied ist für die Oper wie gemacht, quillt und sprudelt von herrlichen musikalischen Motiven, wartet schon lange auf seinen Komponisten, fordert ihn gebieterisch.« Mit diesen Worten begründete der Ästhetiker Friedrich Theodor Vischer 1844 in seinen Kritischen Gängen seinen nachdrücklichen Vorschlag, das Nibelungenlied als Stoff zu einer Oper zu wählen.
Zweifellos war Vischers Aufsatz nicht nur durch seinen Enthusiasmus für den Stoff, sondern auch durch eine Reihe von detaillierten Überlegungen zur musikdramatischen Gestaltung ein auslösendes Moment für Richard Wagners Beschäftigung mit einem Nibelungen-Projekt. Allerdings wurde Wagner durch eigene Überlegungen bald über die Grenzen des Nibelungenliedes hinausgeführt. Zu seinem dänischen Kollegen Niels W. Gade sagte er bereits 1846: »Ich muß nach Ihren altnordischen Edda-Dichtungen greifen, die sind viel tiefsinniger als unsere mittelalterlichen.«
Nibelungenlied und Edda standen am Ausgangspunkt von Wagners Arbeit an der Konzeption eines neuartigen musikdramatischen Werkes, einer Konzeption, die in den folgenden Jahren noch durch den Eindruck der griechischen Tragödie und durch das Revolutionserlebnis bereichert wurden. Das monumentale vierteilige Werk, das aus diesen Elementen erwuchs, beschäftigte seinen Schöpfer auf Jahrzehnte und wurde zu einem Markstein der Operngeschichte des 19. Jahrhunderts.
Prof. Dr. Werner Breig, geb. 1932 in Zwickau (Sachsen); studierte Kirchenmusik in Berlin-Spandau, Musikwissenschaft in Erlangen und Hamburg. 1962 Dr. phil. Erlangen-Nürnberg, 1973 Habilitation an der Universität Freiburg i. Br. 1974–1979 Professor für Musikwissenschaft in Karlsruhe, 1979–1988 an der Universität Wuppertal, von 1988 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1997 an der Ruhr-Universität Bochum. Mitglied der Musikgeschichtlichen Kommission (1988 bis 1993 deren Vorsitzender); Mitglied des Beirats der Internationalen Heinrich-Schütz-Gesellschaft; 1979 bis 1995 Herausgeber des Schütz-Jahrbuchs; seit 1997 Editionsleiter der Gesamtausgabe der Briefe Richard Wagners. Publikationen vor allem auf folgenden Forschungsgebieten: Geschichte der älteren Klavier- und Orgelmusik; Heinrich Schütz; Johann Sebastian Bach; Richard Wagner; Arnold Schönberg.
Nächste Veranstaltung in dieser Reihe:
Dr. Eberhard Kummer (Wien) – Bariton und Dr. Margarete Springeth (Salzburg)
Ein gesungenes Heldenepos: Das Nibelungenlied
Musikalische und gesangliche Rekonstruktion mit wissenschaftlichem Begleitvortrag
Mittwoch, 17. Januar 2001, 17.15 Uhr, N 1 (Muschel)
Studium generale im Internet: http://www.studgen.uni-mainz.de