Prof. Dr. Michael Hillgruber
(Halle)
Der Tyrannenmord
im Urteil der Antike
Donnerstag, 28. November 2002, 18.15 Uhr,
Hörsaal P 11 (Philosophicum)
Der Vortrag nimmt die antiken Bemühungen um eine Rechtfertigung des Tyrannenmordes
in den Blick. Die Quellen lassen deutlich erkennen, dass schon im klassischen
Griechenland zwei Tyrannenbegriffe nebeneinander existierten. Während der
eine (juristische) über die Gleichsetzung des Tyrannen mit dem Landesfeind
(Polemios) zur Rechtfertigung des Tyrannenmordes gelangt, wird auf der Basis
des anderen (moralischen) mit den Verbrechen und Grausamkeiten des Tyrannen
argumentiert. Da Platon und Aristoteles den zweiten Tyrannenbegriff in ihre
staatsphilosophischen Schriften aufnahmen, trug auch diese zweite Argumentationsform
den Sieg davon. Sie wurde von Cicero und Seneca aufgegriffen und gelangte von
dort ins Mittelalter, wo sie unter erneuter Einbeziehung des juristischen Tyrannenbegriffs
wesentliche Einschränkungen erfuhr.
Prof. Dr. M. Hillgruber, geb. 1961 in Darmstadt. 1981 bis 1985 Studium
der Fächer Griechisch, Latein und Alte Geschichte an der Universität
Köln, Promotion 1986 (Dissertation über die zehnte Rede des Lysias).
Habilitation 1993 mit Untersuchungen zur pseudoplutarchischen Schrift De Homero
("Homer als Quelle allen Wissens") an der Universität Bern. Seit
1995 Inhaber des gräzistischen Lehrstuhls an der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg. - Die Habilitationsschrift erschien in wesentlich überarbeiteter
Form als Gesamtkommentar zu De Homero in zwei Bänden (1994 und 1999). Weitere
Forschungsschwerpunkte bilden die antike Rhetorik und die antike Literaturkritik.
Im kommenden Wintersemester beginnen Vorbereitungen zu einer Edition der Lebenserinnerungen
des Hallenser Gräzisten Otto Kern (1863-1942).
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