Das Institut für Kunstgeschichte
und das Studium generale
laden im WS 2003/04 zu folgendem Vortrag ein:

 

Prof. Dr. Reiner Haussherr (Berlin)

 

Deutsche Kunstgeschichte in den Jahren des Dritten Reiches

 

 

Donnerstag, 6. November 2003, 18.15 Uhr

Hörsaal des Instituts für Kunstgeschichte (Binger Straße 26)

 

 

Zu Beginn werden jene geistige Traditionen ausschnittsweise behandelt, die das Fach Kunstgeschichte für die Ideologie des Dritten Reiches empfänglich machen konnten, vor allem der deutsche Nationalismus gegen den französischen, aber auch der an deutschen Universitäten weit verbreitete Antisemitismus. Der Umschwung Anfang 1933 kann mit der Rednerliste der Feier der Berliner Kunstgeschichtlichen Gesellschaft zu Adolph Goldschmidts 70. Geburtstag am 13. Januar 1933 charakterisiert werden: Im Amt Gebliebene, aus dem Amt Entlassene und Emigrierte. Der Anteil von Juden, die emigrieren mussten, war unter den Kunsthistorikern besonders hoch. Wissenschaftsgeschichtlich von höchster Bedeutung war die Rettung der Bibliothek Warburg aus Hamburg nach London und die Emigration E. Panofskys nach Princeton. Zudem verloren relativ viele Museumsleute ihr Amt, da sie den Nazis nicht genehme moderne Kunst gekauft hatten. Kunsthistorische Forschung in Deutschland konzentrierte sich nach 1933 vor allem auf deutsche Kunst, was sich an den Veröffentlichungen des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaften zeigen lässt. Unter den Fachleuten gab es richtige Nazis, Mitläufer und ausgemachte Nichtnazis. Ideologie- und wissenschafts-geschichtlich ist die Stellung W. Pinders von besonderem Interesse. Abschließend wird auf die Jahre des jüdischen Emeritus Goldschmidt in Berlin bis zu seiner Emigration im April 1933 eingegangen.

 

 

Prof. Dr. Reiner Haussherr: Studium der Kunstgeschichte, klassischen Archäologie und Geschichte an der Humboldt-Universität Ostberlin, in Göttingen und in Bonn, gefördert durch die Studienstiftung des deutschen Volkes. Schüler von Herbert von Einem. 1962 Promotion in Bonn. 1969 dort habilitiert. 1976-1981 ord. Professor an der Universität in Kiel, seit 1981 als Nachfolger Otto von Simsons an der Freien Universität Berlin. Ord. Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz sowie der Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften Hamburg. 1980-1988 Vorsitzender des Gutachter­ausschusses Kunst­geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Hauptarbeitsgebiete: Kunst des Mittelalters, Buchmalerei, Ikonographie der christlichen Kunst unter Berücksichtigung von Kirchen-, Theologie-, Frömmigkeits- und Liturgiegeschichte, Geschichte des Faches Kunstgeschichte.

Veröffentlichungen: u.a. zur Geschichte der Darstellung des Gekreuzigten und der Kreuzigung und zu den Handschriften der Bible moralisée, einer Gruppe französischer Bilderhandschriften aus den Jahren um 1220-1250.