Der Interdisziplinäre Arbeitskreis für Drama und Theater

und das Studium generale

laden im Rahmen der Ringvorlesung:

"Ausdruck und Größe des 19. Jahrhunderts"

in Drama und Theater

zu folgendem Vortrag ein:

Prof. Dr. Klaus Ley

(Romanisches Seminar, Universität Mainz)

Das Theater Victor Hugos

Montag, 2. Februar 2004, 18.15 Uhr

P 5 (Philosophicum)

 

Mit der "bataille d'Hernani", dem Bühnenskandal von 1830, setzt sich im öffentlichen Bewusstsein in Frankreich das romantische Theater und, als dessen Protagonist, Victor Hugo durch. Sein erklärtes Ziel ist ein von den Zwängen der klassizistischen Tradition befreites, republikanisches Drama, dessen ästhetische Neuerungen er in der "Préface de Cromwell" (1827) begründet hatte. Für ein gutes Jahrzehnt sollte er die Pariser Theaterwelt dominieren. Die Aufführungen jedes seiner neuen Stücke werden mit großem Aufwand vorbereitet; die mit aller Sorgfalt und unter Einschaltung der stark polarisierenden Hauptstadtpresse betriebene Auswahl der Schauspieler und die Inszenierung dienen vorrangig dem Zweck, Aufsehen zu erregen und den Erfolg zu garantieren. Dabei kommt es bald zum Eingriff der Zensur. Als sich in "Le roi s'amuse" die Forcierung der bewusstseins- und gesellschaftsverändernden Absicht von Hugos Dramaturgie als zu riskant erweist, weil das Publikum reserviert reagiert, nimmt der Dichter sich in den folgenden Werken - "Lucrèce Borgia" und "Marie Tudor" - zurück. Die hier zur Wirkung gebrachten Korrekturen seines Programms lassen sich als ein Grund dafür begreifen, dass diese Stücke, die als Höhepunkte seines Schaffens angesehen wurden, fast zeitgleich mit ihrem Erscheinen von Georg Büchner übersetzt wurden. Die Frage nach der Größe von Hugos Theater, die nach einer langen Phase wachsenden Desinteresses erst seit der Mitte des letzten Jahrhunderts wieder gestellt wird, muss diese Aspekte gebührend berücksichtigen.
Prof. Dr. Klaus Ley ist am Romanischen Seminar zuständig für Französische und Italienische Literaturwissenschaft, die er seit 30 Jahren in Forschung und Lehre vertritt. Seit etwa 15 Jahren ist er aktiv im AK Drama und Theater. Derzeit bereitet er die Publikation der Vortragsreihe "Caecilia - Tosca - Carmen" (vom Sommersemester 2003) vor. Zum Petrarca-Jahr 2004 ist er Mitorganisator einer Ausstellung der Hessischen Landesbibliothek Wiesbaden, in der ein Überblick über die Editionsgeschichte des großen Humanisten gegeben wird.


Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Dr. Michael Raab (Leipzig)

Stockmann, Ibsen und Shaw: In jedem steckt ein Volksfeind
Montag, 16. Februar 2004, 18.15 Uhr, P 5 (Philosophicum)