Der Interdisziplinäre Arbeitskreis für Drama und Theater

und das Studium generale

laden im Rahmen der Ringvorlesung

»Ausdruck und Größe des 19. Jahrhunderts«

in Drama und Theater

im WS 2003/04 zu folgendem Vortrag ein:

 

PD Dr. Gunther Nickel

(Deutsches Institut, Universität Mainz)

 

Das Geschichtsdrama bei Kleist,

Grabbe und Büchner

 

Montag, 8. Dezember 2003, 18.15 Uhr, P 5 (Philosophicum)

 

Im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts sind eine Reihe von Geschichtsdramen geschrieben worden, deren Autoren keine selbstgenügsame antiquarische Geschichtspflege im Sinn hatten, sondern Kommentare zu ihrer unmittelbaren politischen Gegenwart formulierten. Sie schufen gerade deshalb Stücke, die ihre Zeit überdauerten. Heinrich von Kleists ›Hermannsschlacht‹, Christian Dietrich Grabbes Dramen über Marius und Sulla, Kaiser Friedrich Barbarossa, Heinrich den Sechsten, Napoleon, Hannibal und schließlich – in der Nachfolge Kleists – Hermann den Cherusker sowie Georg Büchners ›Dantons Tod‹ haben zwar ge­meinsam, auf die politischen Verhältnisse der Gegenwart gemünzt zu sein. Aber gerade das bringt auch mit sich, dass sich die konkreten Ziele ihrer Autoren deutlich voneinander unterscheiden: Kleist betrieb ungebetene Politikberatung und versuchte mit dem Mittel des Dramas das preußische Königshaus von der Notwendigkeit einer Reorganisation der preußischen Armee zu überzeugen, Grabbe beschwor da­gegen kompensatorisch einen so abstrakten wie überschwenglichen Heroismus zur Kritik an und zur Flucht aus einer von ihm als bedrückend eng empfundenen biedermeierlichen Wirklichkeit und Büchner schrieb ein Dokumentarstück, in dem er sich nach der Veröffentlichung des zur Revolutionierung der Verhältnisse aufrufenden ›Hessischen Landboten‹ mit den Schwierigkeiten befasst, in die Revolutionäre kommen können, wenn sie die Verhältnisse tatsächlich revolutionieren.

Dr. Gunther Nickel ist Lektor des Deutschen Literaturfonds e.V. in Darmstadt und seit Januar 2003 daneben Privatdozent an der Universität Mainz. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Literatur der »Goethezeit« sowie die Literatur des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart.

Wichtigste Buchveröffentlichung der letzten Jahre: (Zus. mit Johanna Schrön, Hrsg.:) Carl Zuckmayer, Ge­heimreport, Göttingen: Wallstein: 2002.

 

 

Nächster Vortrag in dieser Reihe:

Prof. Dr. Bernhard Reitz (Mainz)

Re-moralisierung im englischen Boulevarddrama

Montag, 12. Januar 2004, 18.15 Uhr, P 5 (Philosophicum)