Der Interdisziplinäre Arbeitskreis für Drama und Theater

und das Studium generale

laden im Rahmen der Ringvorlesung

»Ausdruck und Größe des 19. Jahrhunderts«

in Drama und Theater

zu folgendem Vortrag ein:

 

Dr. Michael Raab

(Chefdramaturg, Schauspiel Leipzig)

 

Stockmann, Ibsen und Shaw:

In jedem steckt ein Volksfeind

Ibsens Dramaturgie 1882 und 2004

 

Montag, 16. Februar 2004, 18.15 Uhr, P 5 (Philosophicum)

 

Tomas Stockmann, der Protagonist des Stücks EIN VOLKSFEIND aus dem Jahr 1882, ist eine der wider­sprüchlichsten und differenziertesten Figuren Henrik Ibsens. Aufgrund dieser Qualität bleibt der Text im Repertoire des deutschen Theaters lebendiger als viele andere des Dramatikers. Der Vortrag liefert zu­nächst ein Psychogramm Stockmanns und beschäftigt sich mit Ähnlichkeiten und Unterschieden von Figur und Autor. Ibsens politische und ideologische Position wird dabei verglichen mit der seines Propa­gan­disten George Bernard Shaw.

Im zweiten Teil wird anhand der Strichfassung für die Inszenierung am Schauspiel Leipzig, die in der Regie Antoine Uitdehaags im Mai 2004 Premiere haben wird, gefragt, welche Bestandteile von Ibsens Dramaturgie noch wirksam und welche veraltet und daher in einer heutigen Produktion verzichtbar sind. Die Prinzipien der Spielfassung werden erläutert, und es wird wiederum im Vergleich zu Shaw untersucht, warum EIN VOLKSFEIND derzeit im Theater mehr Anklang findet als die Stücke von Ibsens irischem Kollegen.

Dr. Michael Raab, geb. 1959, ist seit 2002 Chefdramaturg am Schauspiel Leipzig und war zuvor Redakteur beim ZDF sowie als Dramaturg bzw. Chefdramaturg am Staatstheater Stuttgart, dem Staatstheater Mainz und den Mün­chner Kammerspielen engagiert. Sein Hauptarbeitsgebiet ist das britische und irische Gegenwartsdrama, über das er zahl­reiche journalistische und akademische Arbeiten veröffentlicht hat und das er auch aus der Perspektive des Übersetzers kennt. Lehraufträge hatte er unter anderem an der Otto-Falckenberg-Schule, der Bayerischen Thea­ter­akademie und der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Universität Konstanz und der Universität Leipzig.

Buchveröffentlichungen: Des Widerspenstigen Zähmung. Moderne Shakespeare-Inszenierungen in Deutsch­land und England, Rheinfelden 1985. – "The music hall is dying". Die Thematisierung der Unterhal­tungsindustrie im englischen Gegenwartsdrama, Tübingen 1988. – Wolfgang Engel. Regie im Theater, Frank­furt am Main 1991. – Erfahrungsräume. Das englische Drama der neunziger Jahre, Trier 1999.

Die Vortragsreihe wird im Sommersemester 2004 fortgesetzt.