Der Interdisziplinäre Arbeitskreis für Drama und Theater

und das Studium generale

laden im Rahmen der Ringvorlesung

»Ausdruck und Größe des 19. Jahrhunderts«

in Drama und Theater

zu folgendem Vortrag ein:

 

Prof. Dr. Brigitte Schultze

(Institut für Slavistik, Universität Mainz)

 

Romantische Nationaltragödie

bei Russen, Polen und Tschechen:

Das Projekt, eine Systemlücke zu schließen

 

Montag, 24. November 2003, 18.15 Uhr, P 5 (Philosophicum)

 

Ausgangspunkt dieses Vortrags ist die vielfach bestätigte Beobachtung, dass in der russischen, polni­schen und tschechischen Literatur eine gesamteuropäische 'Vollwertigkeit' dann gesehen wird, wenn wenigstens ein großes Nationalepos und eine Nationaltragödie bzw. ein Nationaldrama vorgewiesen werden können. Bei gänzlich verschiedenen politischen, sprachlichen und theatergeschichtlichen Rah­menbedingungen (Russland, der einzige souveräne Staat mit einer slavischen Bevölkerung, hatte durch den Sieg über Napoleon an Selbstvertrauen gewonnen, Polen war seit 1795 nurmehr eine Kulturnation, Böhmen und Mähren gehörten schon lange zum k. und k. Vielvölkerstaat), sind in den Jahren 1825–1835 die ersehnten Nationaldramen entstanden: Puškins Boris Godunov (1825), Mickiewiczs Dziady (Ahnen­feier), um deren III. Teil (1832) es hier geht, Krasińskis Nie-Boska komedia (Un-Göttliche Komödie, 1833) u.a.m. Bei den Tschechen zeugen nur kurze Dramenfragmente des frühverstorbenen Nationaldichters Mácha von analogen Vorhaben. Die russischen und polnischen Stücke, die in vieler Hinsicht das Theater des 20. Jahrhunderts vorwegnehmen, stehen weitgehend quer zu den Entwicklungstendenzen des Thea­ters im 19. Jahrhundert.

Prof. Dr. Brigitte Schultze vertritt die westslavischen Literaturen an der Universität Mainz. Ihre Forschungs­schwerpunkte liegen bei gattungspoetischen, übersetzungswissenschaftlichen, theaterhistorischen und kultur­wissenschaftlichen Fragestellungen.

Wichtigste Buchveröffentlichungen der letzten Jahre: eine Sammlung von Aufsatzliteratur in polnischer Spra­che (Perspektywy polonistyczne i komparatystyczne, Krakau 1999) sowie Der polnische Bauernfürst: Vom Bauern zum König. Arbeit am Stoff in vier Jahrhunderten, 2003.

 

 

Nächster Vortrag in dieser Reihe:

PD. Dr. Gunther Nickel (Deutsches Institut, Universität Mainz)

Das Geschichtsdrama bei Kleist, Büchner, Grabbe und Musset

Montag, 8. Dezember 2003, 18.15 Uhr, P 5 (Philosophicum)