Prof. Dr. Wilfried Floeck (Gießen)
Calderon, El Gran Teatro del Mundo
(Das Große Welttheater)
Christliche Komödie als Theaterparadigma
in unchristlicher Zeit?
Montag, 7. Dezember 1998, 17.15 Uhr,
Hörsaal P 5 (Philosophicum)
Für die deutschen Romantiker bildeten
die Dramen Shakespeares und Calderóns Präfiguration und Modell
des neuen romantischen Dramas, das das Theater der Zukunft bestimmen sollte.
Wenn dabei Calderón de la Barca bei einigen romantischen Zeitgenossen
Shakespeare noch an Wertschätzung übertraf, so lag dies in ihrer
Auffassung begründet, daß romantisches und christliches Drama
eine untrennbare Einheit bildeten. Das Urteil der jüngsten Untersuchungen
zur Calderón-Rezeption in Deutschland, wonach Calderón "gemeinsam
mit Molière und nach Shakespeare (...) einen größeren
unmittelbaren oder mittelbaren Einfluß auf das deutsche Drama als
irgendein anderer ausländischer Bühnendichter" (Sullivan, 1998)
hatte, scheint die Einschätzung der deutschen Romantiker zu bestätigen.
Dem steht freilich Hugo Friedrichs Diktum vom "fremden Calderón"
(1955) gegenüber, wobei Friedrich die Fremdheit des Spaniers vor allem
in dessen barockem Stil zu begründen suchte.
Am Beispiel von Calderóns bekanntem Fronleichnamsspiel El Gran Teatro del Mundo / Das Große Welttheater wird die Problematik von Fremdheit und Nähe Calderóns aus der Sicht der Entwicklung des nachromantischen europäischen Theaters neu beleuchtet.
Prof. Dr. Wilfried Floeck, Mitbegründer des "Interdisziplinären Arbeitskreises für Drama und Theater", lehrte von 1980 bis 1990 als Professor am Romanischen Seminar der Universität Mainz. Seit 1990 ist er Professor für spanische und portugiesische Literatur an der Universität Gießen.
Veröffentlichungen des Referenten: "Las Mocedades del Cid" von Guillén de Castro und "Le Cid" von Pierre Corneille. Ein neuer Vergleich (1969); Die Literarästhetik des französischen Barock (1979); Zeitgenössisches Theater in Deutschland und Frankreich (Hrsg., 1989); Spanisches Theater im 20. Jahrhundert (Hrsg., 1990); Spanisches Gegenwartstheater. Eine Einführung (1997).
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Dr. Dieter Janik (Mainz)
Lessings »Minna von Barnhelm«
oder Die deutsche Art zu lachen
Montag, 14. Dezember 1998, 17.15 Uhr,
Hörsaal P 5 (Philosophicum)
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