Dr. Doris Kolesch (Berlin)
Molière, Le Misanthrope (Der
Menschenfeind)
Montag, 30. November 1998, 17.15 Uhr,
Hörsaal P 5 (Philosophicum)
Molière gilt als der Repräsentant
des komischen französischen Theaters im 17. Jahrhundert, seine äußerst
erfolgreiche Karriere als Theaterleiter, Schauspieler, Veranstalter höfischer
Feste und Stückeschreiber ist dabei eng mit dem Hof des Sonnenkönigs
Louis XIV. als eines grandiosen (Selbst-) Darstellungs- und Inszenierungsapparats
verbunden.
Molières Menschenfeind zählt gemeinhin zu den Begründern der "grande comédie". Gleichwohl - oder gerade deshalb? - dominieren in der Rezeption Einschätzungen des Misanthropen als eines gar nicht komischen, sondern vielmehr tragischen Stückes. Goethe war nicht der einzige, der erklärte: "Wir möchten gern Inhalt und Behandlung des Stückes tragisch nennen." Angesichts dieser Situation ist nach dem Skandalon der Komödie und des Komischen zu fragen: Was ist so unerträglich, so irritierend oder verstörend an den komischen Situationen und den lächerlichen Verhaltensweisen der Figuren im Menschenfeind, daß ihnen beständig der Charakter des Komischen abgesprochen wird und sie statt dessen dem Bereich des Tragischen zugeschlagen werden?
Dr. Doris Kolesch studierte Allgemeine
und Vergleichende Literaturwissenschaft, Romanistik, Philosophie und Publizistik
in Mainz und Paris. Von 1989 bis 1996 lehrte und forschte sie an der Universität
Mainz, seit 1996 ist sie Hochschulassistentin am Institut für Theaterwissenschaft
der Freien Universität Berlin. Ihre Arbeiten wurden mit zahlreichen
Preisen ausgezeichnet, darunter der Heinz-Maier-Leibnitz-Preis der DFG
und des Bundesforschungsministeriums und der Essay-Preis der Gesellschaft
für Theaterwissenschaft. Zur Zeit ist Doris Kolesch Fellow am Kulturwissenschaftlichen
Institut Essen.
Buchpublikationen: Das Schreiben des Subjekts. Zur Inszenierung ästhetischer Subjektivität bei Charles Baudelaire, Roland Barthes und Theodor W. Adorno (1996); »Aufbauende Zerstörung«. Zur Paradoxie des Geschichts-Sinns bei Franz Kafka und Thomas Pynchon (1996); Marguerite Duras (zusammen mit Gertrud Lehnert, 1996); Roland Barthes (1997). Sie ist Mitherausgeberin von Drama und Theater der europäischen Avantgarde (1994); Kulturen des Performativen (1998) und Berliner Theater im 20. Jahrhundert (1998).
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof Dr. Wilfried Floeck (Gießen)
Calderon, El Gran Teatro del Mundo/Das
Große Welttheater.
Christliche Komödie als Theaterparadigma
in unchristlicher Zeit
Montag, 7. Dezember 1998, 17.15 Uhr, Hörsaal
P 5 (Philosophicum)
Vorschläge und Kritik zu dieser Seite an Caroline Schertz | Übergeordnete Seite |