Im spanisch- bzw. portugiesischsprachigen Amerika stellen
die ca. 110 Millionen Afroamerikaner eine bedeutende Bevölkerungsgruppe dar. Es gibt
ebensoviele "schwarze" Spanischsprecher in Amerika wie Einwohner Spaniens. Diese
Tatsache wurde bisher meist entweder nicht zur Kenntnis genommen oder bewußt negiert.
Besonders in Kolumbien wurde in der neuen Verfassung von 1991 die ethnische Vielfalt im
Lande anerkannt und der Schutz auch der afroamerikanischen Minoritäten vorgesehen. Hinzu
kommt eine zunehmende Bedeutung der kolumbianischen Regionen beim Rückgang der bisherigen
Dominanz der hauptstädtischen Institutionen für Bildung und Kultur.
Das Prestige der afrokolumbianischen Bevölkerung ist in den
letzten Jahren gestiegen. Sowohl kolumbianische als auch ausländische Wissenschaftler
beschäftigen sich zunehmend mit deren Kultur und Sprachen. Besonders interessant ist die
Situation im Palenque de San Basilio, südlich von Cartagena de Indias, wo Nachkommen von
entflohenen Sklaven (Maroons) noch heute eine in Amerika einmalige Kultur und eine
Kreolsprache entwickelt haben, die eindeutig auf eine Herkunft aus dem Gebiet der
westlichen Banturegion (Kongo, Angola) schließen läßt. Ebenso interessant ist die
Situation auf den zu Kolumbien gehörenden Inseln San Andrés y Providencia, wo sich eine
Mischkultur und eine englisch-basierte Kreolsprache entwickeln konnten.
Prof. Dr. Matthias Perl, geb. 1948,
Studium, Promotion und Habilitation an den Universitäten Leipzig und Havanna,
Romanistikprofessor an der Universität Mainz seit 1992, mehrere Forschungsaufenthalte und
invited speaker u.a. in Kolumbien, Brasilien, Chile, Costa Rica, in der
Dominikanischen Republik, Kuba, Mexiko und Venezuela.
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Dr. Rolf Schinke (Göttingen)
Zwischen Hoffen und Bangen
Zur wirtschaftlichen Perspektive Lateinamerikas
Donnerstag, 4. Februar 1999, 18.15 Uhr, P 4 (Philosophicum)