Im Rahmen des Themenschwerpunktes

Grenzen erfahren – Grenzen überwinden

lädt das Studium generale zu folgendem Vortrag ein:

 
Prof. Dr. Matthias Becher (Bonn)
Abgrenzung und Identitätsfindung.
Das Beispiel der Sachsen im 9. und 10. Jahrhundert
Montag, 9. November 1998, 18.15 Uhr,
Hörsaal N 3 (Muschel)

 

Das frühe Mittelalter kannte noch keine Staatsgrenzen im engeren Sinne des Wortes. Dennoch war man sich über Gemeinsames und Trennendes bewußt. Ein hervorragendes Beispiel dafür sind die Sagen über die Herkunft der einzelnen Völker, die origines gentis. In der im 9. und dann wieder im 10. Jahrhundert aufgezeichneten origo der Sachsen wird der Versuch unternommen, dieses Volk sowohl gegenüber den Nachbarn als auch gegenüber den eigenen Unterschichten deutlich abzugrenzen. Dabei können zwei zeitlich aufeinanderfolgende Versionen direkt in Verbindung mit verschiedenen politischen Entwicklungsstufen der Sachsen gebracht werden: Im 9. Jahrhundert standen sie noch vollkommen unter dem Eindruck der Eroberung ihres Landes durch die Franken unter Karl dem Großen. Im 10. Jahrhundert entwickelten sie ein neues Selbstbewußtsein, nachdem mit Heinrich I., dem Vater Ottos des Großen, einer der ihren zum König des Ostfrankenreiches aufgestiegen war. Dieser Gegensatz war eines der bestimmenden Elemente beim Übergang von der fränkischen zur deutschen Geschichte.

 
Professor Dr. Matthias Becher, geb. 1959, ab 1980 Studium der Geschichte und der Politischen Wissenschaften an der Universität Konstanz. 1986 Erstes Staatsexamen für das Höhere Lehramt an Gymnasien; zugleich: Verleihung des Magistergrades. 1990 Promotion. Ab November 1989 Wissen-schaftlicher Assistent an der Universität-Gesamthochschule Paderborn. 1995 Habilitation. Sommersemester 1995 Lehrstuhlvertretung an der Universität Regensburg. Wintersemester 1996/97 Lehrstuhlvertretung an der Universität Tübingen. Seit Sommersemester 1998 Professor für mittelalterliche und neuere Geschichte an der Universität Bonn.

 
Publikationen (Auswahl):

Drogo und die Königserhebung Pippins, in: Frühmittelalterliche Studien 23, 1989, S. 131–152. Zum Geburtsjahr Tassilos III., in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 52, 1989, S. 3–12. Neue Überlegungen zum Geburtsdatum Karls des Großen, in: Francia 19/1, 1992, S. 37–60. Eid und Herrschaft. Untersuchungen zum Herrscherethos Karls des Großen (Vorträge und Forschungen, Sonderband 39), Sigmaringen 1993. Der sogenannte Staatsstreich Grimoalds. Versuch einer Neubewertung, in: Karl Martell in seiner Zeit, hg. von Jörg Jarnut – Ulrich Nonn – Michael Richter (Beihefte der Francia 37), Sigmaringen 1994, S. 119–147. Rex, Dux und Gens. Untersuchungen zur Entstehung des sächsischen Herzogtums im 9. und 10. Jahrhundert (Historische Studien 444), Husum 1996.

 
Nächster Vortrag in dieser Reihe:

Grenzbewußtsein und Transzendenzverlangen.
Vom "Wesen" des Menschen in der "kritisch-krisischen Grundbefindlichkeit"

Prof. Dr. Richard Wisser (Mainz)
Montag, 23. November 1998, 18.15 Uhr, N 3 (Muschel)
 


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