PD Dr. Thomas C. Brachert (Mainz)
Abbildung von Zeit in Sedimentfolgen:
heutige und fossile Riffgesteine
Dienstag, 23. November 1999, 18.15 Uhr
Hörsaal N 2 (Muschel)
Die Gesteine sind die geologischen Urkunden vorzeitlichen Geschehens. Die Beschaffenheit, Lagerung und Verbreitung von Sedimentgesteinen ermöglichen dem Geologen Schlüsse auf die ehemaligen Lebens-, Ablagerungs- und Abtragungsräume, die Verteilung von Land und Meer, die Umweltbedingungen und die erdinneren Vorgänge der Vergangenheit, erlauben aber auch die Rekonstruktion von relativer Zeitlichkeit und zeitlicher Dimension der geologischen und paläobiologischen Prozesse.
Riffe sind durch Organismen gebildete, biogene Gesteine. Die riffbildenden Organismen besitzen mineralisierte Skelette und weisen deswegen ein hohes Überlieferungspotential auf. Jahresringe in den Skeletten der Riffbildner erlauben eine zeitlich hochauflösende Rekonstruktion der steuernden Faktoren der Riffentwicklung. Destruktive Prozesse (Tätigkeit riffzerstörender Organismen, Katastrophen) limitieren jedoch eine kontinuierliche Aufzeichnung von Zeit in Riffgerüsten. Der Vergleich der heutigen Riffe des Roten Meeres mit einigen fossilen Riffsystemen soll die Art und den Umfang der geologischen Überlieferung wie auch der Informationsverluste darstellen und deren unterschiedliche Qualität in der zeitlichen Auflösung erklären. Riffe stellen jedoch trotz der Lückenhaftigkeit der fossilen Überlieferung wertvolle Archive vorzeitlicher Umweltbedingungen dar. Über die geologische Zeit lassen sich Veränderungen der riffbildenden Organismengesellschaften und Riffgesteine beobachten, die auf von heute sehr verschiedene Klimasysteme zurückgehen. Der Fossilbefund läßt auch Schlüsse auf die Änderungsraten in der Paläo-Umwelt zu und ermöglicht auf diese Weise (sicherlich stark hypothetische) Vorhersagen hinsichtlich der Zukunft des Ökosystems "Riff" und seiner Anfälligkeit für anthropogene Umwelteinflüsse.
PD Dr. Thomas C. Brachert, 1986 Diplom-Geologe (Universität Erlangen), Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes, 1990 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geowissenschaften, 1991 Promotion (Universität Erlangen), 1992 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Geowissenschaften Mainz und 1998 Hochschuldozent. Förderung der wissenschaftlichen Arbeiten aus Mitteln der DFG und des Zentrums für Umweltforschung (Mainz).
Publikationen:
BRACHERT T.C., BETZLER C., BRAGA J.C.,
MARTIN J.M. (1996): Record of climatic change in neritic carbonates: Turnovers
in biogenic associations and depositional modes (Upper Miocene, southern
Spain), Geologische Rundschau 85, 327-337. – BRACHERT T.C. (1996): Klimasteuerung
von Karbonatsystemen: Fallbeispiele zur Biofazies ozeanischer und flachmariner
Ökosysteme im Känozoikum, unveröff. Habilitationsschrift,
238 S., Universität Mainz. – BETZLER C., BRACHERT T.C., NEBELSICK
J. (1997): The warm-temperate carbonate province – A review of the facies,
zonations and deliminations, Courier Forschungsinstitut Senckenberg 201,
83-99. – BRACHERT T.C. (1999): Non-skeletal carbonate production and stromatolite
growth within a Pleistocene deep ocean (Last Glacial Maximum, Red Sea),
Facies, 40, 211-228.
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Cornelis Passchier, Ph.D. (Mainz)
Brechen und Biegen kristalliner Gesteine
als Frage der Zeit: Experimente und Naturbefunde
Dienstag, 30. November 1999, 18.15 Uhr,
N 2 (Muschel)
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