Themenschwerpunkt "Zeit und Zeitlichkeit"
Der Fachbereich 22 und das Studium generale
laden im Rahmen der Vortragsreihe
"Zeit und Zeitlichkeit in den Geowissenschaften"
zu folgendem Vortrag ein:
 

Prof. Dr. Jörg Grunert (Mainz)
Täler und Flußterrassen als Zeitzeugen
Dienstag, 8. Februar 2000, 18.15 Uhr
Hörsaal N 2 (Muschel)
 

Täler sind bekannt als Landschaftsformen, die von Flüssen geschaffen wurden. Sie verdanken ihre Gestalt dem Zusammenwirken von endogenen Faktoren, vor allem der Gesteinsart und der Gesteinslagerung, und exogenen, klimagesteuerten Faktoren wie der Tiefen- und Seitenerosion. Ihre Größe ist jedoch vor allem eine Funktion der Zeit, die der Erosion zur Verfügung stand. Große Talungen sind daher in der Regel älter als schwach eingetiefte oder enge Täler.

Unabhängig von Form und Größe gilt aber: Unsere mitteleuropäischen Täler, beispielsweise das Mittelrheintal, sind nicht einzyklisch entstanden. Terrassen in verschiedenen Niveaus an den Talhängen belegen eine stufenweise Entwicklung in der Weise, daß sich Tiefen- und Seitenerosion mehrfach ablösten und daß letztere sogar in Akkumulation überging. Dies war während der Kaltzeiten des Pleistozäns (Quartärs) regelmäßig der Fall und wird mit den durch Gletschererosion und Frostsprengung der Gesteine im Flußeinzugsgebiet entstandenen großen Geröllmengen erklärt, die zu einer Überlastung der Flüsse führten. Aufschlüsse geben Einblick in die Struktur solcher Sedimente. Es handelt sich um gut geschichtete Kiese und Sande, die, als Hinweis auf das Eiszeitklima, Froststrukturen (Kryoturbationen) aufweisen. Außerdem tragen sie je nach Alter mehrere Lößdecken, die durch warmzeitliche Böden gegliedert sind und somit eine relative Altersgliederung ermöglichen.

Durch einen Vergleich mit anderen Klimazonen der Erde – beispielsweise den Trockengebieten – soll das mitteleuropäische Modell der quartären Talentwicklung überprüft werden.
 

Prof. Dr. Jörg Grunert, 1964–1970: Studium der Geographie, Biologie und Chemie an der FU Berlin. Halbjähriger Forschungsaufenthalt in Bardai/Tibesti (Republique du Tchad) von 1966 bis 1967. Wiss. Assistent an der RWTH Aachen 1971–1972, danach von 1972–1981 an der Universität Würzburg. Promotion 1973 in Berlin; Habilitation 1980 in Würzburg. C3-Professur für spezielle und angewandte Geomorphologie an der Universität Bonn 1982–1995. Ab 1996 o. Professor für physische Geographie/Geomorphologie an der Universität Mainz.

Forschungsschwerpunkte: Geomorphologische Prozeßforschung, speziell Hangrutschungen und Bodenerosion; Landschaftsgenese und Paläoklima sowie Desertifikation in den Trockengebieten Afrikas und Asiens; geoökologische Probleme afrikanischer Entwicklungsländer.
 

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Dr. h. c. Manfred Domrös (Mainz)
Die Zeitlichkeit des Klimas. Kein Klima ohne Zeit – keine Zeit ohne Klima
Dienstag, 15. Februar 2000, 18.15 Uhr, N 2 (Muschel)


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