PD Dr. Dieter F. Mertz (Mainz)
Die zeitliche Erfassung erdgeschichtlicher
Prozesse mittels moderner Analytik am Beispiel des Kalium-Argon-Systems
Dienstag, 21. Dezember 1999, 18.15 Uhr
Hörsaal N 2 (Muschel)
Die zeitliche Erfassung geologischer und mineralogischer Prozesse ist fundamentale Aufgabe der Geowissenschaften, zum einen um unsere erdgeschichtliche Vergangenheit zu enträtseln, zum anderen aber auch um durch Extrapolationen Vorstellungen zur zukünftigen Entwicklung unseres Planeten zu gewinnen. Mit der Erforschung der natürlichen Radioaktivität seit etwa einem Jahrhundert haben sich eine Reihe von Möglichkeiten ergeben, die in Gesteinen durch radioaktive Umwandlungen natürlicher Elemente manifestierte Zeit zu messen. Geochronologie ist der Zweig der Geowissenschaften, der sich mit dieser Thematik befaßt. Naturgemäß kann die Geochronologie nur mit einem interdisziplinären Arbeitsansatz erfolgreich arbeiten, basierend auf Grundlagen von Geologie, Mineralogie, Chemie und Physik. Ein wesentliches geochronologisches Instrument ist die Kalium/Argon-Methode, die auf dem radioaktiven Zerfall des natürlichen Isotops Kalium40 zu Argon40 basiert. Diese Methode ist geowissenschaftlich gesehen deshalb vielfältig einsetzbar, weil Kalium Bestandteil des Kristallgitters einer Reihe von gesteinsbildenden Mineralien ist. Da das Kalium 40 gesetzmäßig zerfällt, kann man durch apparativ-analytische Messung des radioaktiven Mutternuklids Kalium 40 und des radiogenen Tochternuklids Argon 40 ein geologisches Alter der entsprechenden Minerale berechnen. Prinzipiell ist es mit dieser Methode möglich, erdgeschichtliche Prozesse zu datieren, die bis zur Erdentstehung vor etwa 4,5 Milliarden Jahren zurückreichen. Eine Variante der konventionellen Kalium/Argon-Methode stellt die Argon40/Argon39-Technik dar. Diese Technik birgt gegenüber anderen chronometrischen Altersbestimmungsmethoden unter anderem den wesentlichen Vorteil, daß Störungen der isotopischen Systematik erkannt werden können und man damit ein quasi technisch-analytisch begründetes Kriterium zur Beurteilung der geologischen Signifikanz gemessener Isotopenalter zur Hand hat. Technische Verfeinerungen, wie beispielsweise der Laser-Einsatz zur Argon-Entgasung von Mineralien, haben zu einer spektakulären Erweiterung des geologischen Altersbereichs geführt, für den die Argon40/Argon39-Technik signifikante Altersergebnisse liefern kann: Mit der Datierung historisch belegter vulkanischer Ereignisse dringt diese Datierungstechnik inzwischen in jüngste erdgeschichtliche Sphären vor, die die direkte Menschheitsgeschichte betreffen.
Akad. ORat PD Dr. Dieter F. Mertz, geb. 1959, Studium in Göttingen und Heidelberg, 1987 Promotion Universität Heidelberg, 1987-1991 wissenschaftlicher Angestellter an den Universitäten Heidelberg und Kiel, 1992-1993 DfG-Stipendiat am Berkeley Geochronology Center, seit 1994 Akad. Rat am Institut für Geowissenschaften der Universität Mainz, 1999 Habilitation. Hauptarbeitsgebiet: Isotope und Spurenelemente als Tracer geologischer und anthropogener Prozesse.
Allgemeine Literatur zum Thema: McDougall, I. & Harrison, T.M. (1988) Geochronology and Thermochronology by the 40Ar/39Ar method. – Oxford University Press, New York etc.
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
PD Dr. Thomas Reischmann (Mainz)
Wachstumszeiten kontinentaler Kruste
Dienstag, 11. Januar 2000, 18.15 Uhr,
N 2 (Muschel)
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