Im Rahmen des Themenschwerpunktes
Massenkultur – Lebensform der Gegenwart?
lädt das Studium generale zu folgendem Vortrag ein:
 

Dr. Peter Kemper (Frankfurt a. M.)
Vom Protest zum Spaß - Wandlungen der Jugendkultur
Dienstag, 16. November 1999, 18.15 Uhr,
Hörsaal N 3 (Muschel)
 

"Meine Generation - es gibt keinen Grund mehr anzuecken, es läuft im Grunde alles irgendwie supereasy, die ganze Revolte-Kacke, das haben die Leute vor uns erledigt. Das Wochenende ist nur noch dazu da, um Spaß zu haben." (Ein Techno-Jünger während der Berliner Love-Parade 1998)
 

Das war ja einmal anders: In den Sechzigern und Siebzigern stand "Pop" für "Gegenkultur", beschrieb als Lebensstil-Projekt den Widerstand gegen einen vorschnellen, gesellschaftlichen Konsens. Pop verkörperte englischsprachige Internationalität und sexuelle Revolution, stellte Autoritäten und kulturelle Standards radikal in Frage, wandte sich gegen die herrschende Arbeitsethik und bot dem Einzelnen Möglichkeiten zur Selbstinszenierung. Von den Rockern der fünfziger Jahre bis zu den Grunge-Jüngern in den Neunzigern - immer nutzten Heranwachsende musikalische und modische Stilmerkmale der jeweiligen Bewegung zur Ermächtigung des eigenen Ich. Zugleich besaß Pop eine gemeinschaftsstiftende Funktion, die sich im Traum von der "gegenkulturellen Öffentlichkeit" ausdrückte. Pop mit seinen Musikstilen, Tänzen, Sprechweisen und Kleiderordnungen symbolisierte in der Vielzahl seiner Strömungen stets einen ! latenten Kulturkampf. Oder wie Greil Marcus einmal als rhetorische Frage formulierte: "Was ist Popmusik denn anderes als ein Streitgeschäft, bei dem jeder mitmachen kann?"
 

Wer kann und will bei diesem "Streitgeschäft" heute noch mitmachen? Taugt Pop noch zur Beschreibung kultureller Selbsterfindung, ermöglichen seine Spielvarianten noch Abgrenzungsgewinne für Heranwachsende? Ist Pop zu einem folgenlosen Dummy-Term verkommen, der mit Jugendkultur kaum noch etwas, mit Märkten und Machtpositionen aber sehr viel zu tun hat? Auf diese und weiterführende Fragen versucht der Vortrag von Peter Kemper Antworten zu finden.
 

Dr. Peter Kemper ist Redakteur beim Fernsehen des Hessischen Rundfunks.
 

Nächster Vortrag in dieser Reihe:

Prof. Dr. Boris Groys (Köln)
Der Umgang der modernen Kunst mit der Massenkultur. Künstlerstrategien zwischen Kritik und Faszination
Dienstag, 30. November 1999, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)


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