Prof. Dr. Ryszard Rózanowski
(Breslau/z. Zt. Mainz)
Unser täglicher Widersinn.
Absurdität in Philosophie
und Literatur.
Dienstag, 16. Juli 2002, 19.00 Uhr, Hörsaal P 2 (Philosophicum)
Die Vorlesung setzt sich zum Ziel, die Bedeutung der Kategorie „Widersinn“, die in unmittelbarer Verbindung mit den Begriffen „Unsinn“ und „Sinnlosigkeit“ steht, einer Analyse zu unterziehen, wie auch ihre psychologischen, logischen, philosophischen und künstlerischen Komponenten zu deuten. Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Vorstellung von verschiedenen Strategien, den Widersinn zu begreifen, zu „zähmen“ oder zu eliminieren. Heutzutage ist er zu einem der möglichen Anhaltspunkte in einer durch das Prinzip der Unsicherheit und des Risikos beherrschten Wirklichkeit aufgestiegen, zur Rache, die der beschränkte menschliche Verstand gerade wegen seiner Beschränktheit an der Endlosigkeit der Existenz nimmt. Jede beliebige Aussage kann zur semantischen Ausnahme werden, die den tradierten Sprachusancen und -definitionen entflieht. In Wörtern und Sätzen existiert im voraus keine Affinität zu den Gegenständen, kein geheimes Einvernehmen mit der Welt. Alles ist zufällig. Ähnliche Aspekte bringt die Psychoanalyse ans Tageslicht, während sie rational und therapeutisch den Konflikt zwischen der Restringiertheit des Sprachsystems und der Spontaneität und Freiheit der menschlichen Sprechakte zu überwinden sucht. Analog verhält es sich im Falle des Widersinns der Welt. Sie erscheint als ein Objekt, das sich grundsätzlich der Erkenntnis entzieht. Philosophie und Literatur versuchten vom Privileg des Widersinns, dessen sich kein anderes Lebewesen erfreut, ein Problem in statu nascendi zu machen. Die Vorlesung entfaltet das Tableau der von Kierkegaard, Camus, Dostojewski, Kafka und Adorno unternommenen Versuche den Widersinn auszulegen.
Ryszard Rózanowski, 1952 in Schwiebus (Swiebodzin) geboren, ist Professor am Institut für Philosophie der Universität in Breslau (Wroclaw), Prodekan für Wissenschaft und ausländische Zusammenarbeit an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Breslauer Universität. Er beschäftigt sich mit Ästhetik, Kunsttheorie und Kunstgeschichte, moderner Philosophie und Philosophie des Judentums, aber auch mit Literatur- und Kunstkritik.
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