In seinen Vorlesungen über die
Philosophie der Geschichte hat Hegel die großartige Wendung des
Weltgeistes zur modernen Epoche als herrlichen Sonnenaufgang der
Freiheit im Recht geschildert. Zweihundert Jahre später ist die Geschichte
in Europa erneut in Bewegung und Unruhe geraten. Am Ausgang des 20. Jahrhunderts
sind in Mittel- und Osteuropa auf den Trümmern eines Reiches mehr
Staaten entstanden als im gesamten Jahrhundert zuvor. Das Prinzip der Freiheit
bildet den Angelpunkt, um den sich diese politischen Umwälzungen drehen.
Heute ist der Glaube an die Menschenrechte
längst zum allgemeinen Vorurteil des Zeitalters geworden, und
man sucht den angemessen Weg, wie die Freiheit aus den abstrakten Prinzipien
des Rechts abgeleitet und im staatlichen Leben Wirklichkeit werden kann.
Besteht die Freiheit in der interpersonalen rechtlichen Substanz der Gesellschaft?
Ist sie in den sittlichen Institutionen der Verfassung verborgen? Wie verlebendigt
man ihren Geist aus den Buchstaben der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte?
Auf welche Weise spiegelt sie sich im Ethos, in der Gesinnung der Staatsbürger,
in ihren Sitten und Gebräuchen, Gesetzen und Einrichtungen, in ihrem
Gerechtigkeits- und Pflichtbewußtsein wider? Ist es möglich,
eine universale Freiheit der Menschenrechte in einer Verfassung a priori
zu statuieren, oder hängt dies von der Entwicklung des Selbstbewußtseins
und der Bildung eines Volkes ab? Welche Unterschiede gibt es nun zwischen
einer europäischen, amerikanischen, afrikanischen oder islamischen
Menschenrechtskonvention? Geht es letztlich nicht um die universale Geltung
der Menschenrechte?
Prof. Dr. Pavo Barišic,
geb. 1959, Studium der Rechtswissenschaft, Philosophie und Germanistik.
Promotion an der Universität Augsburg. Seit 1991 Direktor des Instituts
für Philosophie an der Universität Zagreb. 1993–1995 stellvertretender
Leiter der Studia Croatica und Professor für Rechtsphilosophie und
politische Philosophie. Seit 1994 Chefredakteur der Zeitschrift "Filozofska
istraživanja” und deren internationaler Ausgabe “Synthesis philosophica”.
Publikationen des Referenten (Auswahl):
Dialektik der Sittlichkeit. Grundlegung der Rechtsphilosophie bei Hegel (1988). Welt und Ethos. Hegels Stellung zum Untergang des Abendlandes (1992). Philosophie des Rechts bei Ante Starcevi? (1996).
Obwohl sich die weltpolitische Konstellation
seit dem Aufgang der modernen Freiheit im Begriff des Rechts verändert
hat, geht es im wesentlichen um dasselbe Prinzip zu welchem der Gang der
Weltgeschichte hingeführt hat - es geht um Am Mangel der Freiheit
des Menschenrechts ist eine Ideologie, ein Modell des politischen Zusammenlebens,
das die soziale und ökonomische Gleichheit proklamierte, gescheitert.
Es ist wohl ein merkwürdiges Spiel der Geschichte, daß die neueste
Umwälzung im Zeichen der Freiheit der Menschenrechte hauptsächlich
jene acht Länder erfaßte – unter denen sich auch das ehemalige
Jugoslawien befindet –, die sich bei der Abstimmung über die Allgemeine
Erklärung der Menschenrechte bei der Generalversammlung der Vereinten
Nationen vor 50 Jahren enthielten.
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