laden im Rahmen des Symposions Goethe und
das Musiktheater
zu folgendem Gastvortrag ein:
Prof. Dott. Michele Girardi (Pavia/Cremona)
Arrigo Boito »Mefistofele«,
un' utopia affascinante
(eine deutsche Kurzfassung des Vortrags
wird verteilt)
Montag, 21. Juni 1999, 17.15 Uhr, P 10
(Philosophicum)
In neuerer Zeit ist die Bewertung von Boitos "Faust"-Oper gründlich revidiert worden. Man erkannte, daß der junge, der "Scapigliatura" verpflichtete Künstler mit seinem 1868 erstmals aufgeführten Werk die Konventionen der Gattung aufbrechen wollte. Die Auseinandersetzung mit Goethes Drama sollte ihm den Weg dazu weisen. Gegenstand des Vortrags ist die Herausarbeitung der innovatorischen Kraft, die sich in der – allerdings nur fragmentarisch erhaltenen – Erstfassung von 1868 findet. Sie kann aber unter Rückgriff auf die heute noch gespielte Zweitfassung von 1876 rekonstruiert werden. Es zeigt sich, daß Boito nach dem Mißerfolg des ursprünglichen Projekts zu Kompromissen bereit war, die dem Publikumsgeschmack entgegenkommen sollten. So wird Faust – anfangs eine Baritonrolle, um das grüblerische Element seines Charakters zu betonen – zum Tenor, der nur noch der Liebe verfallen ist.
Dennoch bestand Boito auch darauf, wichtige Neuerungen beizubehalten. Nicht nur die musikalische Charakterisierung des Mefistofele ist zukunftsweisend, auch die Form der Komposition bleibt innovativ. Über weite Strecken finden sich in seinem Werk keine Arien und keine anderen abgeschlossenen Stücke.
Der utopische Anspruch aber, den er mit seinem Projekt verfolgt hatte, war aufgegeben. Erst in der späteren Zusammenarbeit mit G. Verdi, für dessen "Falstaff" er das Libretto schrieb, gelang Arrigo Boito ein künstlerisch voll ausgereifter Erfolg.
Fazit: "Boitos Versuch ist mutig und er verdient unsere Sympathie: im Grunde verkörpert "Mefistofele" würdig den ewigen Konflikt zwischen Gut und Böse (die beiden männlichen Protagonisten) und zwischen Realem und Irrealem als Streben nach dem Sublimen (Margarethe und Helena)".
Prof. Dott. Michele Girardi, geb.
am 3. Mai 1954 in Venedig, lehrt Geschichte des Musiktheaters an der "Schule
für Paläographie und Philologie der Musik" der Universität
Pavia. Sein Forschungsgebiet bildet vor allem die Musik des XIX. und XX.
Jahrhunderts, insbesondere das Musiktheater im fin-de-siècle
(Untersuchungen zu Puccini, Berg,Verdi, Boito u.a.)
Literatur:
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