09.00 Uhr | Eröffnung der Tagung durch
den Leiter des Studium generale Prof. Dr. Andreas Cesana
Grußwort von Frau Staatsministerin
Dr. Rose Götte
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09.15 Uhr | Prof. Dr. Dr. h. c. Konrad Beyreuther
(Zentrum für molekulare Biologie Universität Heidelberg)
Lernen und Gedächtnis: Modell Alzheimer Krankheit |
10.15 Uhr | Dr. Ralf Schlösser (Oberarzt an der
Klinik für Psychiatrie, Universität Mainz):
Die Alzheimer-Krankheit: Einführung in die Thematik aus klinisch-psychiatrischer Sicht |
Kaffeepause
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11.30 Uhr | Dr. Jürgen Bohl (Abt. für
Neuropathologie, Universität Mainz):
Gehirnentwicklung, Plastizität, Degeneration |
Mittagspause
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14.15 Uhr | Dr. Ralf Schlösser (Oberarzt an der
Klinik für Psychiatrie, Universität Mainz):
Aktuelle Aspekte zur Diagnostik und Therapie der Alzheimer-Krankheit |
15.30 Uhr | Prof. Dr. Alfred Maelicke (Institut
für Physiologische Chemie und Pathobiochemie, Universität Mainz)
Die Alzheimer’sche Krankheit: Biochemische und neue therapeutische Konzepte |
Kaffeepause
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17.00 Uhr | Podiumsdiskussion
mit den Referenten der Tagung Moderation: Prof. Dr. Claudia Koch-Brandt ( Institut für Biochemie, Universität Mainz) |
---Vorträge---
Prof. Dr. Dr. h. c. Konrad BEYREUTHER (Heidelberg)Lernen und Gedächtnis: Modell Alzheimer Krankheit
"Gedächtnis ist der Klebstoff, der unsere Gegenwart mit unserer Vergangenheit verbindet und der es uns ermöglicht, über die Zukunft nachzudenken" (Hans-J. Markowitsch), Pläne zu schmieden, vorausschauen zu können, die Angst vor dem Neuen, Unbekannten einzuordnen und uns auf das kommende Jahrtausend vorzubereiten. Dies geht jedoch nicht ohne gesundes Vergessen, besonders dann, wenn unser Gehirn keine Lösungsansätze enthält. Deshalb können starke Emotionen und Streß dafür sorgen, daß Erinnerungen gelöscht werden. "Wir vergessen, weil wir müssen und nicht, weil wir wollen" (Matthew Arnold). Doch die Grenze zwischen normalem und krankhaftem Vergessen ist fließend. Geht die Erinnerung an die eigene Lebensgeschichte verloren, spricht der Experte von retrograder Amnesie, von anterograder Amnesie bei der Unfähigkeit, sich neue Informationen zu merken. Beides ist bei der Alzheimer Erkrankung der Fall, einer Krankheit, bei der die "Kabelverbindungen" unserer Nervenzellen unaufhaltsam zerstört werden. Wissenschaftler, die über diese "Krankheit des Vergessens" arbeiten, sind optimistischer denn je. Der Grund dafür ist die stetig wachsende Kenntnis der erblichen und molekularen Grundlagen sowie der Risikofaktoren der Alzheimer Krankheit. Altern ohne Alzheimer, ein realistischer Traum, ein Prinzip Hoffnung für unsere alternde Gesellschaft mit heute bereits 800 000 Alzheimer-Kranken? Ist dies ohne prädiktive Genetik denkbar, ohne den Blick in die eigene Zukunft, ein Fenster, das im kommenden Jahrtausend erstmalig in der Geschichte der Menschheit geöffnet werden könnte? Schließlich, warum gibt es diese Krankheit überhaupt? Fragen, deren Beantwortung die Perspektiven für eine Gesellschaft aufzeigen soll, deren Bürger in wenigen Jahrzehnten eine Lebenserwartung von 100 Jahren erreichen, ein Alter, bei dem heute das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, bei weit über 50 Prozent liegt.
Dr. Ralf SCHLÖSSER (Mainz)
Die Alzheimer-Krankheit: Einführung in die Thematik aus klinisch-psychiatrischer Sicht
Die Alzheimer-Krankheit wurde erstmals von Alois Alzheimer 1907 beschrieben. Sie kann bereits vor dem 65. Lebensjahr auftreten, aber die Wahrscheinlichkeit, an einem Morbus Alzheimer zu erkranken, nimmt mit höherem Lebensalter deutlich zu. Vor dem Hintergrund der demographischen Veränderungen in den Industrienationen mit einem zunehmenden Anteil älterer Menschen stellt die Alzheimer-Krankheit daher eine große Herausforderung für die Medizin dar. Die Alzheimer-Krankheit ist durch ein dementielles Syndrom mit zunehmenden Gedächtnisstörungen, insbesondere im Bereich des Kurzzeitgedächtnisses, gekennzeichnet. Im Verlauf der Erkrankung können auch andere Symptome, wie etwa Desorientiertheit, Sprachstörungen, apraktische Symptome oder affektive Veränderungen auftreten. Teilweise kommt es zu deutlichen Verwirrtheitssymptomen mit Unruhezuständen und halluzinatorischem Erleben. Auch die Aktivitäten des täglichen Lebens, z.B. Einkaufen, den Haushalt führen oder die Körperpflege werden für den Erkrankten zunehmend schwieriger und schließlich vielleicht unmöglich. Angesichts der erheblichen Belastungen, die durch diese Erkrankung für den Patienten selbst, aber auch für Angehörige entstehen, kommt der Suche nach den Ursachen und möglichen therapeutischen Strategien besondere Bedeutung zu.
Dr. Jürgen BOHL (Mainz)
Gehirnentwicklung, Plastizität und Degeneration
Die spezielle Entwicklung des Nervensystems beginnt beim Menschen etwa am 10. Tag der Embryonalentwicklung und endet im günstigsten Falle nie oder erst mit dem Tod des Individuums. Zwar ist die grobe Anlage der verschiedenen Abschnitte des Nervensystems schon nach wenigen Monaten abgeschlossen, doch erreicht die Organentwicklung des menschlichen Nervensystems erst nach 14 oder 15 Jahren ihre vorläufige Reife. Höchstleistungen der Funktion sind in manchen Bereichen erst nach weiteren 30 oder 40 Jahren zu erwarten.
Die Gehirnentwicklung läuft der Entwicklung des übrigen Körpers etwas voraus; im Verhältnis zum Körper sind die Gehirne und Köpfe von Kindern ungewöhnlich groß. Das in seiner Entwicklung vorauseilende Gehirn kann diese Führungsposition ein Leben lang behalten.
Parallel zu dieser permanenten Entwicklung laufen allerdings gleichzeitig auch schubartige oder chronische degenerative Prozesse ab, welche ebenfalls schon während der Embryonal- und Fetalentwicklung beginnen. Viele Nervenzellpopulationen gehen während der Entwicklung wieder zugrunde (durch Apoptose) und manche Kerne verschwinden wieder, nachdem sie vorübergehend eine wichtige Funktion erfüllten.
Gehirnentwicklung und Degeneration des Nervensystems sind also keineswegs nacheinander ablaufende Lebensvorgänge; vielmehr geschehen sie gleichzeitig und permanent während des ganzen Lebens. Dies ermöglicht das, was man unter Plastizität versteht: die Fähigkeit des Nervensystems, seine Struktur und Funktion in Abhängigkeit von den äußeren und inneren Wahrnehmungen zu verändern und sich den wechselnden Bedingungen anzupassen (Adaptationsfähigkeit).
Im günstigsten Fall sind Entwicklung und Degeneration so aufeinander abgestimmt, daß eine gewisse Plastizität bis in ein hohes Alter erhalten bleiben kann. Der Anpassungsdruck führt nicht notwendigerweise zu "gesunden" Strukturen und zu "normalen" Verhaltensweisen; optimale Anpassung kann auch Krankheit und Degeneration bedeuten. Wenn die zunächst zur Verfügung gestellten Funktionsmöglichkeiten des Gehirns - vorauseilend - nicht genutzt werden und somit nicht durch die Funktion stabilisiert werden, so werden die hierfür erforderlichen Strukturen wieder zurückgenommen und degenerieren. Im ungünstigsten Fall gewinnt dieser Prozess des Verkümmerns eine gewisse krankhafte Eigengesetzlichkeit und ist durch nichts mehr aufzuhalten und zu korrigieren (wie z.B. die pathologischen Prozesse bei der senilen Demenz vom Alzheimer Typ). Somit hat sich das Gleichgewicht zwischen Entwicklung und Degeneration zugunsten der Degeneration verschoben. Auch diese Art von Degeneration braucht sehr viel Zeit: etwa 30 bis 40 Jahre!
Der Begriff der Neotenie ist ganz hilfreich, um diese Zusammenhänge besser zu beschreiben. Darunter versteht man ein Prinzip der ontogenetischen und phylogenetischen Entwicklung, welches dazu führt, daß Strukturmerkmale sowie Eigenschaften und auch Fähigkeiten der Fetalzeit und der Kindheit bis ins Erwachsenenalter beibehalten werden. Im günstigsten Fall sind Menschen permanent lernende Tiere, kurz gesagt "ewige Kinder" (wehrlose Embryos). So kommt es, daß beim Menschen "kindliche" Eigenschaften, wie z.B. Neugier (Curiositas) und Spieltrieb (eine Art von Kreativität; Homo ludens) die Entwicklung des Gehirns ein Leben lang zu fördern vermögen, ohne daß Tod durch Erstarrung eintritt. Nur im Status des "wehrlosen Embryo" ist man noch Herr der Degeneration und kann es auch bleiben über den Tod hinaus.
Dr. Ralf SCHLÖSSER (Mainz)
Aktuelle Aspekte zur Diagnostik und Therapie der Alzheimer-Krankheit
Die Alzheimer-Krankheit ist aus klinisch-psychiatrischer Sicht durch ein dementielles Syndrom gekennzeichnet. Daher orientiert sich das diagnostische Vorgehen an einer systematischen Abklärung der organischen Ursachen und Differentialdiagnosen der Erkrankung in Abgrenzung zu Demenzen anderer Genese. Neben klinischer Psychopathologie, Neuropsychologie und Laboruntersuchungen nimmt die strukturelle und funktionelle Bildgebung hier einen besonderen Stellenwert ein. Therapeutische Strategien umfassen pharmakologische Behandlungsverfahren und supportive psychotherapeutische Ansätze sowie das kognitive Training. Auch die Angehörigenarbeit stellt einen wichtigen Bestandteil der Therapie von Alzheimer-Patienten dar. Schließlich sind ausreichende sozialpsychiatrische Strukturen erforderlich, um schwer erkrankten Alzheimer-Patienten entweder im familiären Umfeld oder in geeigneten Betreuungseinrichtungen einen adäquaten Versorgungsstandard zur Verfügung zu stellen.
Prof. Dr. Alfred MAELICKE (Mainz)
Die Alzheimer’sche Krankheit; Biochemische und neue therapeutische Konzepte
Die Alzheimer’sche Krankheit beginnt mit Gedächtnisstörungen, zu denen sich im weiteren Verlauf Unruhe, Orientierungsstörungen und Depression gesellen. Diese Symptome kommen durch Störungen der Neurotransmission, d.h. der Signalübertragung zwischen den Zellen des Zentralnervensystems zustande. In der symptomatischen Arzneimitteltherapie sucht man, diese Störungen auszugleichen, wobei die derzeit in Erprobung befindlichen Arzneimittel insbesondere die cholinerge Neurotransmission betreffen.
Die Moleküle und biochemischen Störungen,
die die Symptomatik der Alzheimer’schen Krankheit bestimmen, sind heute
bekannt. Es wird erläutert, wie Neurotransmission im menschlichen
Gehirn abläuft, wie Störungen in der Signalübertragung mit
den medizinischen Symptomen korreliert sind und welche Möglichkeiten
und Hoffnungen in der Arzneimitteltherapie der Alzheimer’schen Krankheit
stecken. Dabei wird ein besonderer Schwerpunkt auf modulatorische Substanzen
gelegt, die die kognitiven Fähigkeiten kurzzeitig und langzeitig begünstigen
können. Eingegangen wird außerdem auf die Plastizität des
menschlichen Gehirns, also die Fähigkeit, durch interne Umorganisation
des neuronalen Netzwerkes verlorengegangene Funktionen wieder zurückzugewinnen.
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