Im Rahmen des Themenschwerpunktes

Erinnern und Vergessen

lädt das Studium generale zu folgendem Vortrag ein:
 
 
Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Harald Weinrich (München/Paris)
Privates und öffentliches Vergessen
Montag, 14. Juni 1999, 18.15 Uhr,
Hörsaal N 3 (Muschel)

 
Literatur ist ein wichtiges Medium der Erinnerung; gleichzeitig thematisiert sie aber in vielfältiger Weise auch das Vergessen. Die Hochschätzung des Gedächtnisses geht mit der Erfindung des Buchdruckes zurück – was zwischen zwei Buchdeckeln aufgehoben ist, kann nachgeschlagen, muß deshalb nicht erinnert werden. Das 17. und das 18. Jahrhundert sehen Denkfähigkeit und Gedächtnisleistung gar als Gegensätze. Vergeßlichkeit wird zur liebenswürdigen Schrulle bedeutender Denker. Privates und öffentliches Gedächtnis verschränken sich im Totengedenken, wobei das öffentliche Ritual die private Trauer einrahmt und dadurch das Vergessen erleichtert. Verjährung und Amnestie sind Formen öffentlichen Vergessens und dienen dem Rechtsfrieden. Aber bestimmte Verbrechen, vor allem Völkermord, sind – wiederum zur Wahrung des Rechtsfriedens – von dieser Wohltat ausgenommen.

 
Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Harald Weinrich, geb. 1927, ist nach Professuren in Kiel, Köln, Bielefeld und München jetzt Professor für Romanistik am Collège de France, Paris.

Publikationen des Referenten zum Thema:

 
Nächster Vortrag in dieser Reihe:

Montag, 21. Juni 1999, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)
Prof. Dr. Hans T. Siepe (Mainz)
História und Memorial – Fiktionen der Erinnerung bei José Saramago


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