Im Rahmen des Themenschwerpunktes
Nibelungen – Geschichte und Geschichten
lädt das Studium generale zu folgender
Veranstaltung ein:
Prof. Dr. Klaus von See (Frankfurt am Main)
Die Nibelungen und die Edda
(mit Lichtbildern)
Mittwoch, 22. November 2000, 17.15 Uhr
Hörsaal N 3 (Muschel)
In der frühen deutschen Geschichte
gibt es keine Periode, die ein Bewußtsein nationaler Identität
zu begründen vermag. Daher erborgt sich der Deutsche seit dem Ende
des 18. Jahrhunderts – seit dem Einsetzen eines nationalen Bewußtseins
– aus dem skandinavischen Norden alles das, was ihm selbst fehlt. In Wahrheit
aber sind die Götter- und Heldenlieder der Edda, die Sagas und der
weitaus größte Teil der Runen-denkmäler nicht Zeugnisse
eines gesamtgermanischen, also auch deutschen Altertums, sondern Zeugnisse
der skandinavischen Wikingerzeit und des skandina-vischen Hoch-mittelalters.
Die Edda wird erst mit Karl Simrocks stabreimender Übersetzung 1851
im deutschen Bildungspublikum populär, und erst Richard Wagners »Ring«-Dichtung,
die wesentlich aus altnordischen Texten die dort mit dem Mythos verwachsene
Nibelungen-sage bezieht, macht den nordischen Mythos mit Walhall, Walküren
und Götterdämme-rung endgültig zum deutschen Kulturbesitz.
Prof. Dr. Klaus von See, em. Ordinarius
für Germanische Philologie an der Universität Frankfurt am Main.
Forschungsschwerpunkte: Heldensage, Rechtsgeschichte, alt- und neuskandinavische
Literatur, deutsche Ideengeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.
Publikationen des Referenten in Auswahl:
Altnordische Rechtswörter, 1964. – Germanische Verskunst, 1967. –
Deutsche Germanen-Ideologie vom Humanismus bis zur Gegenwart, 1970. – Germanische
Heldensage, 1971, 2. Auflage 1981. – Die Ideen von 1789 und die Ideen von
1914, 1975. – Edda, Saga, Skaldendichtung, 1981. – Barbar, Germane, Arier.
Die Suche nach der Identität der Deutschen, 1994. – Die Göttinger
Sieben, 1997, 3. Auflage 2000. – Europa und der Norden im Mittelalter,
1999. – (et al.:) Kommentar zu den Liedern der Edda, 1997 ff. – Gesamtherausgeber
des Neuen Handbuchs der Literaturwissenschaft.
Nächste Veranstaltung in dieser Reihe:
Dr. Michael Appel (Bayerisches Fernsehen/München)
Todesträume – Die Deutschen und das
Nibelungenlied
Aspekte einer Fernsehdokumentation
Mittwoch, 29. November 2000, 17.15 Uhr,
N 1 (Muschel)
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