Im Rahmen des Themenschwerpunktes
Thanatologie – Sterben lernen, Leben gestalten
lädt das Studium generale zu folgendem Vortrag ein:
 

HD Dr. Ansgar Franz (Mainz)
"Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen".
Mittelalterliche, reformatorische und moderne Erfahrungen der Präsenz des Todes
Montag, 13. Dezember 1999, 18.15 Uhr,
Hörsaal N 3 (Muschel)
 

"Der Tod wird groß und schrecklich dadurch, daß die blöde und verzagte Natur ihn in der Stunde des Sterbens zu sehr vor Augen hat", heißt es in Martin Luthers Sermon von der Bereitung zum Sterben von 1519. Den Tod betrachten, "das soll man in der Zeit des Lebens tun. Aber der böse Geist verkehrt alle Dinge. Im Tod, da wir sollten nur das Leben, Gnade und Seligkeit vor Augen haben, tut er uns allererst die Augen auf und ängstigt uns mit dem Bild des Todes. Im Leben, da wir sollten des Todes, der Sünde, der Hölle Bild stetig vor Augen haben, tut er uns dagegen die Augen zu und verbirgt diese Bilder."

Gegen das blinde Verbergen und Vergessen der Todesbilder entsteht im Mittelalter die Ars moriendi, das Bedenken der Sterblichkeit mitten im Leben um des Lebens willen.

Der Vortrag präsentiert drei, jeweils in einem Abstand von etwa 500 Jahren formulierte Versuche einer Ars moriendi, die uns nicht in der Form von Holzschnitten oder Sterbebüchern, sondern im Medium des Liedes begegnet: Die lateinische Antiphon Media vita in morte sumus aus dem 11. Jahrhundert, Luthers 1524 erstmals veröffentlichtes Lied Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen und das zeitgenössische Wir sind mitten im Leben zum Sterben bestimmt (1970). Drei frömmigkeits- und mentalitätsgeschichtliche Stationen, die Auskunft geben über Konstanten und Varianten in der Auseinandersetzung mit dem Phänomen Tod.
 

HD Dr. Ansgar Franz, geb. 1959, ist Hochschuldozent für Liturgiewissenschaft und Homiletik am Fachbereich 01 - Kath. Theologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
 

Publikationen des Referenten zum Thema:
"Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen". Variationen zu einem Thema aus dem Hiobbuch in Lothar Zenettis Lied "Wir sind mitten im Leben zum Sterben bestimmt", in: H. Heidenreich (Hg.), "... es geht um den Menschen". Aspekte einer biographischen Praktischen Theologie, (FS Stefan Knobloch), Bochum 1997, 73-77.

Hansjakob Becker/Ansgar Franz (Hgg.), Liturgie im Angesicht des Todes. Traditionen der Westkirche im Mittelalter: Texte und Kommentare (Pietas Liturgica 11); Übersetzungen, Anhänge und Register (Pietas Liturgica 12), [im Druck].

Geistliches Wunderhorn. Deutsche Kirchenlieder, ediert und kommentiert von Hansjakob Becker, Ansgar Franz, Jürgen Henkys, Hermann Kurzke, Christa Reich und Alex Stock, München (Beck Verlag). [in Vorbereitung]
 

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Gerd Otto (Mainz)
Sterben als Voraussetzung für die Organtransplantation
Montag, 17. Januar 2000, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)


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