Prof. Dr. Rudolf Gerhardt (Mainz)
Patientenwille, Arztwille und der Wille
des Gesetzes
Rechtspolitische Gedanken über das
Recht zum Sterben
Montag, 14. Februar 2000, 18.15 Uhr
Hörsaal N 3 (Muschel)
Das Wort von der "Sterbehilfe" ist juristisch facettenreich. Gesetzlich geregelt ist nur das Verbot einer "Tötung auf Verlangen" (§ 216 Strafgesetzbuch).
Aus offenkundigen Gründen hat sich der Gesetzgeber bislang nicht an eine Regelung der "Sterbehilfe" gemacht und die Fortbildung dieses Rechtsgebiets den Richtern überlassen. Die ärztlichen Richtlinien haben dieses Richterrecht in ihren Katalog einbezogen.
Beide: Rechtsprechung und Richtlinien betonen – nicht nur in Deutschland – zunehmend den Willen des Patienten. Problematisch ist die Situation aber dann, wenn der sterbende Patient seinen Willen nicht mehr äußern kann und der Arzt den mutmaßlichen Willen erkunden muß.
Obwohl es in den letzten Jahren gegen Ärzte kaum Strafverfahren gab, sehen viele Mediziner ihre Behandlung am Lebensende in einer für sie bedrohlichen Grauzone. Vor allem in den Kliniken besteht noch immer Unsicherheit über die rechtlichen Grenzen der "Hilfe beim Sterben".
Der Referent spricht sich für eine klarstellende Ergänzung des § 216 StGB aus, um die Sterbehilfe möglichst angstfrei zu machen: Für Ärzte und Patienten. Zugleich setzt er sich für eine weitgehende Beachtung des Patientenwillens ein, der den Behandlungsauftrag des Arztes begrenzt. Von einem verlautbarten Willen (Patientenverfügung) sollte der Arzt nur in Ausnahmefällen abweichen. Die umfassende Garantenstellung des Arztes als Zeuge eines Suizids sollte eingeschränkt werden.
Prof. Dr. Rudolf Gerhardt,
geb. 1937 in Frankfurt am Main, Promotion zum Dr. jur. 1967 an der Johann
Wolfgang von Goethe-Universität Frankfurt am Main. Zulassung als Rechtsanwalt
1965, seit 1965 Wirtschaftsredakteur, ab 1972 rechtspolitischer Korrespondent
der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit Sitz in Karlsruhe ("Residenz des
Rechts"). In gleicher Funktion Korrespondent der ARD für Hörfunk
und Fernsehen. Herausgeber der "Zeitschrift für Rechtspolitik" (Beck
Verlag) und "Recht und Gesellschaft" (Nomos Verlag, 1971–1974). Dreizehn
Buchveröffentlichungen. Seit 1986 Professor für Journalistik
an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
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