Zur Siedlungsgeschichte und lokalen Identität der Dyan (Arbeitsschwerpunkt M. Oberhofer)Die Untersuchung der Siedlungsgeschichte und lokalen Identität der Dyan und ihrer Nachbarn soll einen Beitrag zur Erforschung der Strategien und Motive der hohen Mobilität in der Region leisten. Zu fragen ist, warum einige Gruppen wie die Dyan sich eher zurückziehen, während andere Gruppen wie die Dagara und Lobi die "autochthone" Bevölkerung verdrängen bzw. assimilieren. Welche Rolle für die Migrationsbereitschaft spielen die Größe, die Ideologie sowie die soziale und politische Organisation der Gruppe? Das Augenmerk wird hier nicht nur auf die Mechanismen der Migration gelegt. Beleuchtet werden sollen auch die Beweggründe und die Handlungsstrategien der Nicht-Migranten, der "seßhaften" Gruppen bzw. Klansegmente. Die verbreitete Annahme, die Dyan seien im 18. Jahrhundert in drei sukzessiven Migrationswellen überNako, Poura und Diébougou aus dem heutigen Ghana in ihr aktuelles Siedlungsgebietgekommen, muß kritisch hinterfragt werden. Die ausgeprägte Mobilität und die bestehenden Netzwerke in der gesamten Region deuten eher darauf hin, daß die heute existierenden lokalen Gemeinschaften Ergebnis der Migrationenkleinerer Verwandtschaftsgruppen mit verschiedenen Ursprüngen (Dyan, Lobi,Dorossié, Gan) zu unterschiedlichen Zeitpunkten in der Geschichte sind. Zur genaueren Untersuchung der Siedlungsgeschichte der etwa 20 Dyan-Dörfer werden die oralen Traditionen der einzelnen Klansegmente aufgenommen. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Vielzahl kleinerer Matrilineages,bei denen Angaben zu den Ursprungsorten, Genealogien, rituellen Verpflichtungen, Allianzen, Verboten und Scherzbeziehungen erhoben werden sollen. Die einzelnen Familienverbände werden anschließend in ihrer räumliche Verankerung erfasst und in einen überregionalen Zusammenhang gestellt. Die Prozesse der Raumaneignung sollen aber nicht nur in historischer Perspektive untersucht werden, wichtig ist auch die aktuelle Interaktion und Vernetzung der lokalen Gruppen. Einige der in diesem Zusammenhang zu untersuchenden Fragen sind: Welche Interessen stehen hinter bestimmten Versionen der Siedlungsgeschichte? Können aktuelle Machtverhältnisse und bodenrechtliche Konflikte durch die Bildung von Allianzen oder die Aufsplitterung von Klans in der Vergangenheit erklärt werden? Werden die Vorrechte der Erstsiedler von nachkommenden Gruppen anerkannt? Ist durch neue Raumkonzepte der modernen Verwaltung ein Wandel des Bodenrechts und der Raumaneignung der lokalen Bevölkerung zu beobachten? Neben dem Thema Raumaneignung bildet die Konstituierung lokaler Identität im Gebiet der Dyan einen Schwerpunkt der Untersuchung. Die Dyan teilen viele Aspekte ihres politischen, sozialen, ökonomischen und religiösen Lebens mit Nachbargruppen. Anhand von Fallstudien in zwei oder drei Dörfern mit einer gemischten Bevölkerung soll analysiert werden, inwieweit und in welchem Umfang eine Interaktion der dort ansässigen Gruppen im Alltagsleben stattfindet. Mittels teilnehmender Beobachtung sollen bei diesem Vergleich interethnischer Beziehungen normative Aussagen mit aktuellen Ausprägungen des Zusammenlebens z.B. auf Märkten und in interethnischen Ehen kontrastiert werden. Um Muster der Assmiliation und Überlagerung zu vergleichen, ist auch eine enge Zusammenarbeit mit zu den Dyan arbeitenden Linguisten der Universität Bayreuth (Prof. Dr. Gudrun Miehe) vorgesehen. |
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