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Eigene Vorarbeiten der Projektmitarbeiter

Carola Lentz hat seit 1988 über die Geschichte der Besiedlung, der politischen Geographie und der kollektiven Identitäten im Nordwesten von Ghana geforscht, dem aktuellen Untersuchungsgebiet unmittelbar benachbart. Gute Dagara-Kenntnisse sind darum vorhanden. Seit 1997 erforscht Carola Lentz im Rahmen des Projekts A9 - mit bisher drei Feldaufenthalten von insgesamt sechs Monaten Dauer - die Strategien der Landnahme der Dagara-Bevölkerung und ihre Beziehungen zu den Sisala im Süden von Burkina Faso, in den Départements Ouessa, Niégo, Bourra und Niabouri (Provinces Ioba und Sissili). In diesen neueren Forschungen wurden in Burkina Faso und angrenzenden Gebieten von Nordwest- Ghana in über 25 Dagara- und Sisala-Dörfern insgesamt knapp 80 Interviews mit Erdherren und Klanältesten sowie ehemaligen chefs de canton und chefs de village durchgeführt. Ergänzt wurden diese Interviews durch teilnehmende Beobachtung bei Erdschrein-Opfern sowie einen Survey in weiteren 20 Dagara-Dörfern, die erst in jüngerer Zeit auf Sisala-Land (Départements Niabouri und Bourra) gegründet wurden. Grunddaten über die Migrations- und Siedlungsgeschichte wie z.B. die Klanzusammensetzung und -herkunft, den Erwerb des Erdschreins und/oder der Siedlungsrechte liegen damit inzwischen für die meisten Dagara- und Sisala-Siedlungen östlich des Volta in Burkina Faso vor. Außerdem wurden in verschiedenen Dagara-Siedlungen und teilweise auch in ihren Sisala-"Landgeber"-Siedlungen vertiefende Fallstudien durchgeführt. Dabei wurden zum einen die kontroversen oralen Traditionen zur Frage des Erdschreinerwerbs untersucht (Fallstudien in Ouessa und Niégo), zum anderen die Auswirkungen der internationalen Grenze auf die Erdschreinbezirke und das Bodenrecht (Fallstudie in Kyetuu). Ergebnisse der Dorf-Interviews und des Surveys sind inzwischen in Zusammenarbeit mit den Geographen (Projekt D5) auch zum Teil kartographisch ausgewertet und dargestellt; diese Auswertungsmöglichkeiten und ihre spezifischen Erkenntnischancen gilt es in der neuen Projektphase zu vertiefen und abzuschließen.

Richard Kuba ist seit Anfang 1997 Mitarbeiter des Projektes A9. Er hat in der letzten Antragsphase während insgesamt elf Monaten Feldforschung in Burkina Faso über 90 Interviews in 67 Dagara- und Pwo-Siedlungen in Südwest-Burkina Faso geführt und transkribiert. Neben den Aufnahmen der Migrationserzählungen und Dorfgründungsgeschichten fast aller Lineages und Siedlungen der nordwestlichen Dagara-Wiile wurden auch Interviews bei der angrenzenden, von ihnen verdrängten Pwo-Bevölkerung aufgenommen. Schwerpunkte bildeten jeweils die vielfältigen sozialen und religiösen Abhängigkeiten zwischen Vorbevölkerung, Dorfgründer-Lineage und später hinzukommenden Lineages, taktische Allianzen und Konfliktstrategien sowie die Umwelt- und Ressourcenwarnehmung der untersuchten Gruppen. Mehrere Phasen und Mechanismen der Übernahme von Territorium von der Vorbevölkerung konnten festgestellt werden sowie Veränderungen der Mobilitätsmuster durch den zunehmendem Einfluß der Kolonialadministration seit den 1920er Jahren.

Die Untersuchungen zur Migrations- und Siedlungsgeschichte der Dagara-Wiile sind weitgehend abgeschlossen, ebenso die Kartierung der jüngeren und älteren Erdschreingebiete. Grundlage war eine mit Hilfe des geographischen Projekts D5 digitalisierte Landkarte, die auf der Basis aktueller Luftbilder auf den neusten Stand gebracht und unter ArcView weiter bearbeitet wird. Die besonders für die Chronologie relevanten umfangreichen Archivmaterialien in Aix-en-Provence und in Ouagadougou wurden gesichtet, bislang aber noch nicht abschließend bearbeitet. Weiterhin wurden aktuelle Zensen ausgewertet und mit einer ersten umfassenden Aufnahme der Pwo-Klanstruktur begonnen. Mit einer Reihe kompetenter Pwo-Informanten wurden bereits gute Beziehungen geknüpft und erste Interviews geführt. Während der letzten Antragsphase erwarb Richard Kuba Kenntnisse in den Sprachen Dagara und Dyula.

Katja Werthmann hielt sich im Rahmen des Projekts A9 seit Anfang 1997 zu Feldaufenthalten von insgesamt sieben Monaten in der Untersuchungsregion auf. Forschungsschwerpunkte waren bisher in enger Zusammenarbeit mit Geobotanik und Wirtschaftsgeographie die Auswirkungen des staatlichen Umsiedlungsprogramms AVV (Aménagement des Vallées des Voltas) in den von der Flußblindheit befreiten Zonen der Provinzen Bougouriba und Ioba. Während der erste Forschungsaufenthalt überwiegend der Sichtung unveröffentlichter Projekt-Dokumente und der Kontaktaufnahme diente, wurden während der folgenden vier Aufenthalte zunächst in drei Projektdörfern, später schwerpunktmäßig in einem Dorf Untersuchungen durchgeführt (im August/September 1997 als gemeinsamer Forschungsaufenthalt von G5). Dabei konzentrierte Katja Werthmann sich insbesondere auf die Entwicklung der sozialen und ökonomischen Beziehungen zwischen Mossi- und Dagara-Siedlern sowie auf Aspekte des Bodenrechts. Es konnte gezeigt werden, daß koloniale und postkoloniale staatliche Bodenrechts-Definitionen die vorher existierenden Strategien der Landnahme und der Vergabe von Nutzungsrechten nicht völlig verdrängt oder ersetzt haben. Dabei war es aufschlußreich festzustellen, mit welchen Mitteln die Dagara-Projektbauern sich gegenüber den Mossi-Bauern als "Autochthone" definieren und welche Rechte daraus abgeleitet werden.

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Die intensive Beschäftigung mit einem bestimmten Projektdorf (V3 Dioumouon) ermöglichte es, die tiefgreifenden sozioökonomischen Veränderungen in diesem Dorf nach dem Fund von Goldvorkommen im Mai 1998 und dem Zustrom von etwa 5.000 Goldsuchern detailliert zu dokumentieren. Während der letzten beiden Feldaufenthalte (Oktober-Dezember 1998, Februar-März 1999) wurde eine Interviewserie mit Goldgräbern, Händlern und anderen neuen Migranten durchgeführt. Darüber hinaus haben erste Expertengespräche (Minen-Ministerium, staatliche Goldvermarktungsgesellschaft, politische Autoritäten auf Provinzebene) sowie Begehungen weiterer Fundorte stattgefunden. Für einen Feldaufenthalt im August/September 1999 sind eine Fortsetzung der Forschungen in V3 Dioumouon sowie Interviews in neuen Fundorten geplant. Darüber hinaus sollen die Aktivitäten internationaler Minengesellschaften in der Region in die Untersuchung miteinbezogen werden, da sie sich ebenfalls auf das Migrationsverhalten und die sozioökonomischen Strukturen auswirken werden.

Michaela Oberhofer ist seit Abschluß ihres Ethnologiestudiums an der Universität Bayreuth im Februar 1998 wissenschaftliche Hilfskraft im Projekt A 8/9 des SFB 268 der Universität Frankfurt. Nach einer intensiven Vorbereitungszeit, die neben Literaturrecherche auch einen Dagara-Sprachkurs beinhaltete, führte sie eine fünfmonatige Feldforschung (1998/99) im Südwesten von Burkina durch. Ein weiterer Aufenthalt von zwei Monaten ist für Oktober und November 1999 geplant. In einer Einzelfallstudie eines Dorfes der Dyan-Region der Provinz Bougouriba wurden lokale Siedlungstraditionen von unterschiedlichen Klansegmenten der Dyan und der Pwo miteinander verglichen. Dabei stand die Untersuchung geschichtlicher Topoi auf ihre Interessenbesetztheit in aktuellen bodenrechtlichen, sozialen und politischen Beziehungen im Vordergrund. Die während des Forschungsaufenthaltes erworbenen Sprachkenntnisse des Dyan sowie die in Sprachkursen an der Universität Bayreuth und Frankfurt erworbenen Kenntnisse des Bambara/Dyula als wichtigster Verkehrssprache im Südwesten Burkinas bieten gute Voraussetzungen für die geplante Untersuchung.

Andrea Wilhelmi hat als studentische Hilfskraft seit 1997 bei Prof. Dr. Carola Lentz Forschungsmaterial des Projekts A9 aufbereitet. In Rahmen des Projekts A9 nahm sie 1998 an einer dreimonatigen Lehrforschung zur Siedlungsgeschichte im Südwesten Burkina Fasos teil. Durch eine intensive Vorbereitung auf diese Lehrforschung machte sie sich mit den methodischen Problemen der Arbeit mit mündlichen Traditionen sowie der Geschichte und Kultur der Dagara vertraut. In einem zweisemestrigen Sprachkurs erwarb sie außerdem solide Kenntnisse des Dagara. In einem ehemaligen Projektdorf des Umsiedlungsprojektes AVV wurden die Geschichte des Dorfs, rezente Konflikte um Bodenrecht sowie interethnische Beziehungen zwischen Dagara- und Mossi-Siedlern untersucht. Durch den dreimonatigen Aufenthalt in einer Mossi-Familie wurden auch Grundkenntnisse des Mooré erworben. In der Magisterarbeit stehen die Beziehungen zwischen einheimischen Dagara- und zugewanderten Mossi-Siedlern im Vordergrund.

Bisherige Ergebnisse
Forschungsstand
Arbeitsprogramm
Zeitplan
Vorarbeiten
Stellung im SFB
Arbeitsschwerpunkte
Kuba: Pwo und Nachbarn
Lentz: Dagara und Sisaala
Oberhofer: Dyan
Werthmann: Goldsucher
Wilhelmi: Mossi und Fulbe

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Letzte Aktualisierung 05/2002.