Rezente Migration - Mossi und Fulbe (Arbeitsschwerpunkt A. Wilhelmi)Der Süden und Südwesten Burkina Fasos, in unserem Untersuchungsgebiet insbesondere die Provinzen Bougouriba, Ioba und Sissili, sind seit Mitte der 1970er Jahre von einer zunehmenden Binnenmigration betroffen. Vor allem Mossi-Migranten aus den zentralen und nördlichen Landesteilen, die sich als Kleinbauern in den südlichen Landesteilen niederlassen, sowie Fulbe-Rindernomaden sind zugewandert. Die Zuwanderung erfolgte teils spontan, teils aufgrund staatlich gelenkter Umsiedlungsprogramme. Die Migration von Mossi- und Fulbegruppen in den Südwesten Burkina Fasos stellt eine neue Variation von Wanderungsbewegungen in dieser Region dar, die schon seit langem von der Mobilität und Fluktuation verschiedener Bevölkerungsgruppen geprägt ist. Dabei lassen sich verschiedene Muster der rezenten Integration bzw. Ausgrenzung von Zuwanderern beobachten. Die Vergabe von Nutzungsrechten an bislang unbewirtschafteten Flächen oder Brachen durch Repräsentanten der lokalen Bevölkerung (Erdherren) ist in der Regel unproblematisch, solange genügend Landreserven vorhanden sind. Nimmt jedoch die Zahl der Einwanderer zu, während sich gleichzeitig die Möglichkeiten, in benachbarte Gebiete auszuweichen, verringern, sind Konflikte oft unvermeidbar. Im Südwesten Burkinas stoßen die Mossi-Siedler auf Bevölkerungsgruppen wie Lobi oder Dagara, die ähnlich expansiv sind und bereits andere Gruppen verdrängt haben. In einigen Ortschaften wurde Mossi-Bauern eine permanente Ansiedlung, welche über die Bewirtschaftung temporärer Felder hinausgeht, sogar völlig verweigert. Die Auswertung von Luftbildern auf Dorfebene, die gegenwärtig von verschiedenen Entwicklungsprojekten im Rahmen von Ressourcenschutzmaßnahmen eingeführt wurde, hat zu einer verstärkten Ausgrenzung und sogar Vertreibung von Fulbe-Gruppen geführt. Durch landwirtschaftliche Entwicklungsprojekte und die staatliche Vergabe von Landnutzungsrechten wurde eine weitere Ebene für den Zugang zu landwirtschaftlichen Ressourcen geschaffen. Das Verhältnis zwischen lokaler Bevölkerung und Zuwanderern gestaltet sich durch die oft widersprüchliche Koexistenz gewohnheitsrechtlicher und staatlicher Normen von Landbesitz und -nutzung problematisch. So wurden im Rahmen des staatlichen Projekts Aménagements des Vallées des Voltas (AVV) Mossi-Migranten per Vertrag in den Südwesten umgesiedelt. Sie erhielten jedoch nie einen verbrieften Rechtstitel auf das von ihnen bewirtschaftete Land, welches von ihren Dagara-Nachbarn als angestammtes Siedlungsgebiet, von der Bürokratie jedoch als Staatseigentum definiert wird. In der neuen Antragsphase soll ein Vergleich mehrerer Fallstudien unternommen werden. Die bereits begonnene Forschung in einem AVV-Dorf wird fortgesetzt. Untersucht werden darüber hinaus ein Dorf, in dem spontane Mossi-Migranten die demographische Mehrheit darstellen; ein Dorf, in dem die lokale Bevölkerung den Zuzug von Mossi verhindert hat; sowie ein Dorf, in dem sich Fulbe-Rinderhirten niedergelassen haben. Gefragt wird nach der Interaktion von staatlichem und lokalem Bodenrecht, nach der Verhandelbarkeit von Boden-rechtskonflikten, nach der Dynamik von interethnischen Beziehungen, nach der Kommerzialisierung von Landbesitz und nach dem Einfluß von staatlichen Raumordnungsprogrammen und internationalen Entwicklungsprojekten auf Muster der Landnahme. |
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