Projektphase 2000-2002 > Werthmann: Goldsucher

Landnahme als Invasion: Goldsucher im Südwesten Burkina Fasos (Arbeitsschwerpunkt K. Werthmann)

Die Zuwanderung von Mossi-Händlern in Markt- und Verwaltungsorte des Südwestens von Burkina Faso läßt sich bis zu Beginn des Jahrhunderts zurückverfolgen, während die Zuwanderung von Mossi-Bauern mit wenigen Ausnahmen jüngeren Datums ist. Eine neue Dimension der Migration in den Südwesten begann im Jahr 1998 mit der Entdeckung mehrerer Goldvorkommen in den Provinzen Bougouriba, Ioba und Tuy. Binnen weniger Wochen wanderten Tausende von Goldsuchern in die Region ein; mittlerweile sind es Zehntausende - in der Mehrheit Mossi. Für die ansässige Bevölkerung und die ökologischen Verhältnisse in der Region ist der Goldrausch in mehrfacher Hinsicht problematisch. Zum einen setzen sich viele Goldsucher über lokale gewohnheitsrechtliche Siedlungs- und Landnutzungsstrukturen hinweg und nehmen das Gebiet um eine Goldader unter Einsatz von Faustrecht in Besitz. Zum anderen hat die Zuwanderung von Goldgräbern und die Ausbeutung einer Mine verheerende Folgen für die natürlichen Ressourcen. Felder werden zerstört, Wasser- und Holzvorräte erschöpfen rasch, Müllberge entstehen, Krankheiten breiten sich aus. Andererseits profitiert die lokale Bevölkerung in ökonomischer Hinsicht von der Ankunft der Goldgräber. Besonders Frauen und jungen Männern eröffnen sich neue und lukrative Verdienstmöglichkeiten.

Im nächsten Antragszeitraum sollen die Auswirkungen dieser jüngsten Einwanderungswelle in die Region untersucht werden. Dabei ergeben sich folgende Fragenkomplexe: 1) Bodenrechtliche Aspekte: Wie verläuft die Aneignung von Schürfrechten sowie Parzellen zum Bau von Unterkünften/Marktständen? Kommt es zu einer Kommerzialisierung (Verkauf/Verpachtung von Flächen)? Unter welchen Bedingungen und mit welchen Mitteln besteht eine Möglichkeit, den Zustrom von Glückssuchern zu reglementieren oder zu verhindern? 2) Kulturelle Aspekte: Wie wirkt sich die (von Dorfbewohnern und Goldgräbern geteilte) Furcht vor dem Gold als einer übernatürlichen Substanz aus? Führen die Goldgräber Opfer für die jeweiligen Erdschreine durch? 3) Soziale Aspekte: Wie reagieren Anwohner und lokale Administration auf das Gewaltpotential in den neu entstehenden Siedlungen? Werden auf Provinzebene präventive Maßnahmen zu Ressourcenschutz, Hygiene und öffentlicher Sicherheit ergriffen? Welche wirtschaftlichen Alternativen ergeben sich für die Dorfbewohner durch die Aktivitäten um den Goldabbau?

Zu fragen wäre auch nach Formen von Landschaftswahrnehmung und professionellem Wissen der Goldgräber. Sie erkennen anhand von Gesteinsformationen und Vegetationsmustern goldhaltige Plätze und den Verlauf von Goldadern. Wie eignet man sich dieses Wissen an? Welche anderen Landmarken sind bedeutsam? In Interviews mit Goldgräbern stehen außerdem Fragen nach Migrationsmotiven und -mustern, Arbeitsaufwand und Risikomanagement, Konsumwünschen und Karrieren im Vordergrund. Intendiert ist ein Vergleich von drei bis vier Goldfundorten in drei Provinzen, die sich hinsichtlich ihrer Lage (Entfernung zur nächstgelegenen Siedlung, Zugang zu Infrastrukturen), ihrer Beschaffenheit (saisonale oder permanente Ausbeutung), ihrer Zugehörigkeit zu départements, communes oder Erdschreingebieten (rechtliche Regelungen) und in der Zusammensetzung sowohl der lokalen wie der zugewanderten Bevölkerung unterscheiden. Da die Goldgräber in der Regel in Gruppen (Familien, Klientelverhältnisse, Freunde) migrieren, ist es möglich, die Routen mehrerer Gruppen über einen längeren Zeitraum und über mehrere Minenorte hinweg zu verfolgen.

Bisherige Ergebnisse
Forschungsstand
Arbeitsprogramm
Zeitplan
Vorarbeiten
Stellung im SFB
Arbeitsschwerpunkte
Kuba: Pwo und Nachbarn
Lentz: Dagara und Sisaala
Oberhofer: Dyan
Werthmann: Goldsucher
Wilhelmi: Mossi und Fulbe

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Letzte Aktualisierung 05/2002.