Sommersemester 09 - Vorlesung Spanisch

 

Von der Romantik zum Realismus: Die spanische Literatur des 19. Jahrhunderts

Das 19. Jahrhundert ist für Spanien das schwärzeste seiner Geschichte: Als Antwort auf den Einmarsch der Napoleonischen Truppen treten die überseeischen Kolonien ab 1809 den Weg in die Unabhängigkeit an, was zur Folge hat, dass ab den 30er Jahren von dem einstmals riesigen Kolonialreich nur noch wenige Besitzungen geblieben sind. Der Unabhängkeitskrieg gegen die Franzosen überzieht das Land mit den durch Goya sprichwörtlich gewordenen desastres de la guerra, und auch nach der Restauration Ferdinands VII. kommt Spanien nicht zur Ruhe, da dieser zwischen Absolutismus und Konstitutionalismus taktierende Monarch das Land in progressive und reaktionäre Kräfte spaltet, die sich noch lange, bis in den Bürgerkrieg von 1936 hinein, feindselig gegenüber stehen werden. Literarisch beginnt das 19. Jahrhundert im Zeichen der Romantik. Diese Romantik ist jedoch nicht nur ein mehr oder minder geglücktes Remake französischer oder englischer Vorbilder, sondern zugleich Organon der das Land zerreißenden soziopolitischen Widersprüche. In der Romantik erfindet sich Spanien nicht als Nation, so wie das etwa in Deutschland der Fall ist, sondern muss sich als Schwundstufe neu definieren. Hier kommt es zu einem kuriosen Rückkoppelungseffekt, denn die durch Schlegel u. a. in Deutschland losgetretene Calderón-Begeisterung strahlt auf Spanien zurück und wird es schließlich Menéndez y Pelayo erlauben, mit dem polemischen Diktum „Calderón y cierra España“ ein ultramontanes Selbstbild zu entwerfen. Die Literatur erschöpft sich freilich nicht in dieser einseitigen Arretierung. Ebensowenig entspricht sie jenem von Hugo oder Mérimée entworfenen Fremdbild eines ,exotischen‘ Spanien: Sie stellt vielmehr eine komplexe – und auch ästhetisch komplexe – Verhandlung zwischen Tradition und Moderne, Fremden und Eigenen dar, der insofern ein dezentrierendes Moment innewohnt, als sich gerade kein dominanter Leitdiskurs herausbildet, in dem sich die ideologischen und ästhetischen Debatten beruhigen könnten. Dieser Bewegung wollen wir in der Vorlesung an größtenteils kanonischen Texten ein Stück weit nachgehen und damit nicht zuletzt die Entwicklung hin zum realistischen Roman nachvollziehen.

 

Sommersemester 09 - Hauptseminar Französisch


Die Lyrik der Renaissance: Du Bellay - Ronsard - Labé

Der französische Renaissance-Petrarkismus: Du Bellay, Ronsard, Labé Die zu Beginn des 16. Jahrhunderts einsetzende Petrarkismuswelle ist ein kulturgeschichtliches Phänomen von bis dato ungekannter Dimension. In ihrem Zentrum steht eine Liebeskonzeption der Unerfülltheit, die schon bei den Zeitgenossen Widerspruch hervorgerufen hat, die aber nichtsdestoweniger die Poetik der Romania bis zum Ende des 17. Jahrhunderts prägen wird. Ein Widerstand gegen das von Pietro Bembo etablierte Modell der imitatio et variatio Petrarcas lässt sich insbesondere in Frankreich feststellen, das mit Spanien zu den mächtigen Territorialstaaten der Epoche gehört, in kultureller Hinsicht jedoch dem militärisch schwachen Italien weit hinterher hinkt. Die Problematik besteht hier nun vor allem darin, dass sich die französischen Petrarkisten der ersten Stunde als ,Gründungsväter‘ einer nationalen Renovatio begreifen wollen, hierbei aber unweigerlich auf das Modell der italienischen rinascita zurückgreifen und damit ihre eigene Supplementarität implizit eingestehen müssen. Die viel diskutierte ,Erotisierung’ des französischen Petrarkismus gegenüber den Italienern hat man in diesem Zusammenhang als die Überbietung bei gleichzeitiger Wahrung der normativen Grenzen petrarkistischer Dichtung zu begreifen. In unserem Seminar wollen wir dieser Dynamik anhand dreier zentraler Gedichtsammlungen nachgehen. Den Anfang soll Joachim du Bellays Olive (1549/50) bilden, die nicht nur der erste französische Sonettzyklus überhaupt ist, sondern auch deutlich von dem Moment kultureller Erneuerung getragen ist. Les Amours de Cassandre (1552/53) von Pierre de Ronsard sind in zweierlei Hinsicht für unsere Fragestellung interessant: Zum einen stehen sie im Zeichen eines mitnichten auf Sublimation angelegten Begehrens, zum anderen eignet ihnen nicht selten ein parodistisches Moment, das bereit über die Gattungsnormative hinausweist und auf den späten Ronsard vorausdeutet. Der nur vierundzwanzig Gedichte kurze Sonettzyklus der Lyoneser Seilertochter Louise Labé gehört schließlich zu den vielleicht faszinierendsten Sprachkunstwerken der französischen Renaissance; denn hier kann man mit Staunen mitverfolgen, wie sich aus der durch die Gattung vorgegebenen Position des schweigsamen Liebesobjekts ein liebendes und dichtendes Subjekt von beträchtlichem Selbstbewusstsein entwickelt.

 

 

Sommersemester 09 - Hauptseminar Spanisch

 

Die Lyrik des Modernismo

Der hispanoamerikanische Modernismo Die Welt der Modernisten scheint auf den ersten Blick frei von den Spuren des Politischen: In ihrem Mittelpunkt stehen intérieurs, die mit Luxusgütern überfrachtet sind, deren Wert sich nach europäischen Maßstäben bemisst. Dies muss nicht wunder nehmen, wenn man bedenkt, dass auch die Gattungsmodelle dieser Lyrik aus Europa stammen: etwa von den Parnassiens und den Symbolisten, den Präraphaeliten oder der Dekadenz, die sich bis zum Ende des Jahrhunderts über ganz Europa ausgebreitet hat. Nichtsdestoweniger ist der hispanoamerikanische Modernismo nicht einfach ein Abklatsch, der jeder Eigenständigkeit entbehrt. Vielmehr entsteht durch den Exzess an literarischen Anspielungen eine Hypertrophie, in der man die eigentliche ästhetische Signatur dieser Lyrik sehen kann. In diesem Exzess lassen sich aber auch die neuen ökonomischen Verhältnisse erkennen, in denen alles zur Ware und zum Versatzstück geworden ist und in der sich das Subjekt nur noch als ein Subjekt zweiten Grades begreifen kann. Eskapismus und die Fetischisierung kolonialer Vergangenheit – insbesondere in Form von deren Architektur und Objekten – erweisen sich in diesem Zusammenhang nicht nur als eindimensionale Weltflucht, sondern auch als eine Reaktion auf den Schock hochkapitalistischer Massenkultur.

 

 

Sommersemester 09 - Kolloquium (Fr. / Sp.)

 

Theorie und Methodik der Lyrikanalyse

Literaturwissenschaftliches Kolloquium/Oberseminar: Laufende Arbeiten, Theorie und Methodik der Lyrikanalyse Wie jedes Semester bietet das literaturwissenschaftliche Kolloquium Magister- und Staatsexamenskandidaten die Möglichkeit, ihre Projekte vorzustellen und zu diskutieren.


Neben den laufenden Arbeiten wollen wir uns dieses Semester darüber hinaus mit Fragen der Lyriktheorie und Lyrikanalyse befassen. Studenten der beiden Hauptseminare zum Renaissance-Petrarkismus und zum hispanoamerikanischen Modernismo können hier ihre methodischen Kenntnisse vertiefen und ihre hermeneutischen Fertigkeiten verbessern.

 

 

Sommersemester 09 -Sichttermin (Fr. / Sp.)

 

Filmanalyse

Fakultative Begleitung zu den Filmseminaren: Der europäische Film der 60er Jahre (3 SWS)

 

 

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