Sommersemester 2008 - Vorlesung Französisch


Liebe im Ancien Régime: Eros und polis von Corneille bis Sade

Das Ancien Régimebesteht in der absolutistischen Herrschaft über den souveränen Flächenstaat Frankreich. Seine theoretische Ausformung hat es in den Six livres de la république gefunden, in denen der Jurist Jean Bodin nur vier Jahre nach der Bartholomäusnacht die soluta potestas als Antidot gegen den Bürgerkrieg entwarf. In der praktischen Umsetzung bedeutet Absolutismus die Domestizierung des Adels und damit eine ,Verhöflichung‘ der noblesse d’épée, die ihren Gipfelpunkt zweifellos im Regnum Ludwigs XIV. erreicht hat. Mit dieser Konzentrierung des Adels bei Hofe geht eine neue Form der Liebe einher: Die Liebe ist nun nicht mehr die phantasmatische Fixierung auf ein sich stets entziehendes Objekt, sondern entweder pragmatische Paktbildung oder ein remedium gegen den ennui. Diese ,Erotik der Äußerlichkeit‘ erfährt im 18. Jahrhundert eine Verinnerlichung, aus der die empfindsame Schwärmerei, aber auch die bürgerliche Eheordnung hervorgehen wird. Am anderen Ende des Spektrums steht Sade, der, wenn man Michel Foucault glauben darf, die Klassifikationssucht der aufgeklärten Naturwissenschaft in eine Mechanik der Perversion überführt. Ziel der Vorlesung wird es sein, diese Fieberkurve anhand ihrer – größtenteils kanonisch gewordenen – literarischen Ausformungen nachzuzeichnen. Dabei wird es nicht zuletzt darum gehen, eros und polis aufeinander zu beziehen und die immer wieder neu verhandelten Grenzen von Intimität und Öffentlichkeit auszuloten.

 

Sommersemester 2008 - Hauptseminar Französisch

 

Phantasmen des Bürgertums: Zolas Les Rougon Macquart

Zwischen 1870 und 1892 entsteht Émile Zolas gewaltiger, zwanzigbändiger Romanzyklus Le Rougon Macquart, mit dem der nach Paris zugezogenen Südfranzose auf sein großes Vorbild Balzac antwortet. Während sich Balzac als Soziologe der Restauration verstanden hat, schreibt Zola eine Histoire naturelle et sociale d’une famillie sous le second Empire, die sich freilich auch als die Kritik an der eigenen republikanischen Gegenwart lesen läßt. Befeuert von der darwinistischen Evolutionsbiologie und der Vererbungslehre, malt Zola – mit manchmal breiten Strichen – ein Sittengemälde, das ihm den despektierlichen Beinamen des orduriereingetragen hat. Dabei ist Zola einer der erfolgreichsten Autoren seiner Zeit: Bürgerschreck und bürgerlicher Schriftsteller in einem. Warum er für uns heute wieder interessant ist, liegt nicht nur daran, daß seine von den Interessen des Finanzkapitals beherrschte Romanwelt unserer Gegenwart teilweise verblüffend ähnelt, sondern vielleicht auch an der Ratlosigkeit, die sich unter der naturalistischen Methode verbirgt. Weit von der Position Marxens und Engels’ entfernt, changiert Zola zwischen der erbitterten Kritik und der uneingestandenen Bejahung der gleichermaßen vitalistischen wie mortalistischen Kräfte seiner Epoche.


In unserem Seminar wollen wir zumindest drei dieser widersprüchlichen Roman lesen: La curee (1871), in dessen Zentrum der geniale Geldhai Saccard steht, Germinal (1885), dem vielleicht eindrucksvollsten Arbeiterroman des 19. Jahrhunderts, und natürlich Nana (1879), die Flaubert zufolge ,michelangeleske‘ Aufstiegsgeschichte einer den niedersten Schichten des Stadtproletariats entstammenden Kurtisane. Als Textgrundlage werden uns die Ausgaben der folio classique dienen, da diese über die Anmerkungen aus der Pléiade-Ausgabe verfügen.


Lesebereitschaft über die angegebenen Texte hinaus wird vorausgesetzt. Die Kenntnis der angegebenen Romane wird zu Beginn des Seminars gegebenenfalls durch eine Eingangsklausur geprüft.

 

Sommersemester 2008 - Hauptseminar Spanisch

 

Chronotopien des Abenteuers: Die Novelas ejemplares von Cervantes

Die Cervantinischen Novelas ejemplares (1613) sind abenteuerliche Geschichten, deren Protagonisten allerhand Wunderliches erleben: So gehen etwa junge Adelige auf Thunfischfang, verkleiden sich aus Liebe als Zigeuner oder freien Schankmädchen von zweifelhaftem Ruf. Mädchen werden eingesperrt oder von Piraten entführt und wenn es sie nach England und Konstantinopel verschlägt, gibt es immer auch einen wackeren galán , der ihnen hinterher reist. Formal sind diese turbulenten Novellen zumeist dem romanesken Erzählschema verpflichtet und vollziehen sich daher auch in jener räumlichzeitlichen Figur, die Michail Bachtin als ,Chronotopos‘ des Wegs bezeichnet hat. Zusammen genommen stellen sie einen eindrucksvollen Parcours dar, vermittels dessen Cervantes das riesige Reich der Habsburger von der Neuen Welt bis nach Sizilien durchmißt und der schließlich im Hospital de la resurrección von Valladolid endet, wo sich zwei sprechende Hunde als die eigentlichen Helden der Erzählungen entpuppen.


Weit mehr vielleicht als der Don Quijote , dessen zweiter Teil im Folgejahr erscheint, sind die Novelas ejemplares exemplarische Geschichten über das Spanien des frühen 17. Jahrhunderts – und das nicht zuletzt auch aufgrund ihrer geradezu hartnäckigen Uneindeutigkeit. Sie heute zu lesen, stellt daher auch ein (semiotisches) Abenteuer dar, daß denjenigen der Protagonisten nicht unähnlich ist. Wer diesen Weg beschreitet, wird reicher zurückkehren als er ausgefah-ren ist – ob klüger wird sich weisen.


Lesebereitschaft über die angegebenen Texte hinaus wird vorausgesetzt. Die Kenntnis der Novellen wird zu Beginn des Seminars gegebenenfalls durch eine Eingangsklausur geprüft.

 

 

Sommersemester 2008 - Kolloquium (Fr. / Sp.)

Literaturwissenschaftliches Kolloquium

 

Neben den laufenden Arbeiten wollen wir uns in diesem Semester vor allem mit der Funktion mythologischer und biblischer Figuren in den romanischen Literaturen beschäftigen.

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