Sommersemester 2024 - Vorlesung

Von der Romantik zum Realismus: Die spanische Literatur im 19. Jahrhundert

Das 19. Jahrhundert ist für Spanien das schwärzeste seiner Geschichte: Als Antwort auf den Einmarsch der Napoleonischen Truppen treten die überseeischen Kolonien ab 1809 den Weg in die Unabhängigkeit an, was zur Folge hat, dass in den 1830er Jahren von dem einstmals riesigen Kolonialreich nur noch wenige Besitzungen übriggeblieben sind. Der Unabhängigkeitskrieg überzieht das Land mit den durch Goya sprichwörtlich gewordenen desastres de la guerra, und auch nach der Restauration Ferdinands VII. kommt das Land nicht zur Ruhe, da dieser zwischen Absolutismus und Konstitutionalismus taktierende Monarch das Land in progressive und reaktionäre Kräfte spaltet, die sich noch lange, bis in den Bürgerkrieg von 1936 hinein, feindselig gegenüber stehen werden. Literarisch beginnt das 19. Jahrhundert im Zeichen der Romantik. In der Romantik erfindet sich Spanien jedoch nicht als Nation, so wie dies etwa in Deutschland der Fall ist, sondern muss sich als Schwundstufe neu definieren. Die Literatur stellt hier eine komplexe Verhandlung zwischen Tradition und Moderne dar, der insofern ein dezentrierendes Moment innewohnt, als sie gerade keinen dominanten Leitdiskurs herausbildet, in dem sich die ideologischen und ästhetischen Debatten beruhigen könnten. Dieser Bewegung wollen wir in der Vorlesung an größtenteils kanonischen Texten nachgehen. Dabei wird sich zeigen, wie wenig das Spanien des 19. Jahrhunderts mit jenen orientalistischen Projektionen zu begreifen ist, wie sie etwa die zeitgenössische französische Wahrnehmung des Landes bestimmt. 

 

 

Sommersemester 2024 - Hauptseminar Französisch

Gender Trouble bei Balzac

Das, was wir heute als das ,realistischeʻ Werk Balzacs begreifen, nimmt seinen Anfang zu Beginn der 1830er Jahre, da sich zusehends eine neue Größe auf dem Feld des Politischen abzeichnet: der Demos. Was im Ancien Régine noch dem Dritten Stand zugeordnet war, wird nunmehr zu einer opaken Masse, wobei die Herkunft der Individuen und deren Vermögen oft im Dunkeln liegt. Balzac schickt sich an, diese neuen Größen zu bestimmen, und er bedient sich dabei, gerade zu Beginn, nicht etwa einer präzisen referentiellen Schreibweise, sondern vielmehr der Figur des Rätsels. Rätselhaft ist der damenhaft geschmückte Greis, der in Sarrazine (1830) regelmäßig durch die Soiréen der Lantys geistert, und ebenso rätselhaft ist auch Paquita Valdès, die es in La Fille aux yeux dʼor (1834/35) dem Dandy Henri de Marsay angetan hat. Und wenn sich diese Rätselhaftigkeit vor allem auf Formen der Sexualität hin öffnet, die genau genommen gar nicht zur Sprache kommen dürften, so gipfelt dies in Le Père Goriot (1834/35), wo selbst so geläufige Signifikanten wie le père und les filles doppeldeutig sind, und hinter allem schließlich auch noch „votre petit papa Vaturin“ sein geheimes Spiel treibt.
          

 

Sommersemester 2024 - Hauptseminar Spanisch

Jorge Luis Borges

Vielen gilt Borges als ein Begründer der postmodernen Literatur. Dafür spricht einiges, denkt man an seine imaginären Bibliotheken, die Labyrinthe, sonderbaren Zeitstrukturen sowie an die von ihm besprochenen Autoren apokrypher Werke, die es ihrerseits nur in der Fiktion gibt. Doch sollte man dabei nicht vergessen, dass Borges trotz allem ein argentinischer Autor ist, dessen Werk ohne das literarische Milieu von Buenos Aires und dessen Avantgarden nicht zu denken wäre. Wir wollen in unserem Seminar daher beide Seiten beleuchten und dem internationalen sowie dem regionalen Autor Rechnung tragen. Dabei werden sich im Idealfall Parallellektüren oder Doppelbelichtungen ergeben, in denen ein und derselbe Text in beide Richtungen weist. Spiegel und Hologramme hat Borges ohnehin gemocht. Textgrundlage sind die beiden Erzählbände Ficciones (1944) und El Aleph (1949/52).
           

 

Sommersemester 2024 - Hauptseminar Kulturwissenschaften Französisch / Spanisch

Erobern, Reisen, Urlaub

Dass der Mensch in den Urlaub fährt, ist ein rezentes Phänomen. Über Jahrhunderte war ein Großteil der Spezies äußerst sesshaft und ging jahraus jahrein seiner Beschäftigung in einem eher engen Gesichtskreis nach. Handelsreisende, wie Marco Polo, sind die ersten, die die Welt erkunden und uns von fernen Regionen mit fremden Gebräuchen berichten. Es folgen die Entdecker neuer Welten (Columbus), die dann deren Nachfolger erobern (Hernán Cortés). Auf einmal gibt es im Westen einen riesigen Kontinent, der bald Amerika heißen wird. Und so gewinnt auch das Reisen bald an Konjunktur. Die Figuren in den Novelas Ejemplares des Cervantes bereisen das riesige Habsburgerreich und werden dabei auch in den Nahen Osten oder nach England verschlagen. Später dann, im 18. Jahrhundert, gehört das Reisen zur Grunderfahrung junger Adeliger; diese begeben sich auf den Grand Tour, der sie über Paris und Venedig nach Konstantinopel und womöglich auch nach Kairo führt. Der Voyage en Orient gehört im 19. Jahrhundert zu einer Erfahrung, die zwischen Exotismus und Kolonialismus schillernd, insbesondere Schriftsteller (Nerval, Flaubert) und Maler (Delacroix) in Bann schlägt. Der Rest des höheren Bürgertums macht Ferien an der See oder verbringt sie in Kurorten, wo um einiges mehr geboten ist, als nur das Bad in schwefelhaltigem Wasser. Nach dem zweiten Weltkrieg beginnt schließlich jene klassenübergreifende Urlaubslust, von der auch die Gegenwart heimgesucht wird. Die schönsten Urlaubsfilme hat dabei Eric Rohmer gedreht. Wir werden uns den einen oder anderen ansehen.

 

 

Sommersemester 2024 - M.A./ Graduiertenkolloquium

Vorstellung von Masterarbeiten und Dissertationen

1-std., verblockt, die Termine werden noch bekannt gegeben

 


 

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