Sommersemester 2018 - Vorlesung

Von der Romantik zum Realismus: Die spanische Literatur im 19. Jahrhundert

Das 19. Jahrhundert ist für Spanien das schwärzeste seiner Geschichte: Als Antwort auf den Einmarsch der Napoleonischen Truppen treten die überseeischen Kolonien ab 1809 den Weg in die Unabhängigkeit an, was zur Folge hat, dass ab den 30er Jahren von dem einstmals riesigen Kolonialreich nur noch wenige Besitzungen geblieben sind. Der Unabhängigkeitskrieg gegen die Franzosen überzieht das Land mit den durch Goya sprichwörtlich gewordenen desastres de la guerra, und auch nach der Restauration Ferdinands VII. kommt Spanien nicht zur Ruhe, da dieser zwischen Absolutismus und Konstitutionalismus taktierende Monarch das Land in progressive und reaktionäre Kräfte spaltet, die sich noch lange, bis in den Bürgerkrieg von 1936 hinein, feindselig gegenüber stehen werden. Literarisch beginnt das 19. Jahrhundert im Zeichen der Romantik. Diese Romantik ist jedoch nicht nur ein mehr oder minder geglücktes Remake französischer oder englischer Vorbilder, sondern zugleich Organon der das Land zerreißenden soziopolitischen Widersprüche. In der Romantik erfindet sich Spanien nicht als Nation, so wie das etwa in Deutschland der Fall ist, sondern muss sich als Schwundstufe neu definieren. Hier kommt es zu einem kuriosen Rückkoppelungseffekt, denn die durch Schlegel u. a. in Deutschland losgetretene Calderón-Begeisterung strahlt auf Spanien zurück und wird es schließlich Menéndez y Pelayo erlauben, mit dem polemischen Diktum „Calderón y cierra España“ ein ultramontanes Selbstbild zu entwerfen. Die Literatur erschöpft sich freilich nicht in dieser einseitigen Arretierung. Ebensowenig entspricht sie jenem von Hugo oder Mérimée entworfenen Fremdbild eines ,exotischen‘ Spanien: Sie stellt vielmehr eine komplexe – und auch ästhetisch komplexe – Verhandlung zwischen Tradition und Moderne, Fremden und Eigenen dar, der insofern ein dezentrierendes Moment innewohnt, als sich gerade kein dominanter Leitdiskurs herausbildet, in dem sich die ideologischen und ästhetischen Debatten beruhigen könnten. Dieser Bewegung wollen wir in der Vorlesung an größtenteils kanonischen Texten ein Stück weit nachgehen und damit nicht zuletzt die Entwicklung hin zum realistischen Roman nachvollziehen.

 

Sommersemester 2018 - Hauptseminar Französisch

Flauberts verfluchte Städte: Salammbô und LʼEducation sentimentale

Die letzten beiden Romane, die Flaubert vollendet hat, handeln von Städten, näherhin von solchen, die Austragungsort gleichermaßen schrecklicher, wie sinnloser Gewalt geworden sind. Auf den ersten Blick könnten sie nicht unterschiedlicher sein: Salammbô (1862) ist ein historischer Roman, der von einem blutig niedergeschlagenen Söldneraufstand im Karthago des Jahres 239 v. Chr. erzählt; LʼEducation sentimentale (1869) ist ein negativer Bildungsroman, der während der Vor- und Nachwehen der Jahre 1848-51 in Paris spielt. Ist der Söldneraufstand in Karthago historisch insofern folgenlos, als die Stadt nach dem Dritten Punischen Krieg für immer untergehen wird, so entsteht in Frankreich nach 1851 das zweite Kaiserreich und damit eine Staatsform, die sich auf Rom beruft und zum Veröffentlichungszeitpunkt des Romans noch fortbestand. Wenn wir zudem ganz am Ende der Education erfahren, daß die von dem Protagonisten einst geliebte Mme Arnoux sich in Rom niederlassen wird, dann haben wir eine Reihung Karthago, Rom, Paris, die ihrerseits immer wieder auf die verfluchten biblischen Städte und nicht zuletzt auf Babylon bezogen wird. Was aber bedeutet dies für einen Autor, der doch vor allem für seinen Stil berühmt ist? Was heißt das für die Liebe, von denen beide Roman handeln? Und vor allem: Warum stoßen wir allenthalben auf das Kreuzsymbol und das in Welten, die entweder noch kein Heil oder keines mehr zu kennen scheinen?
            In unserem Seminar wollen wir die beiden Romane vergleichend lesen und dabei auch die sehr unterschiedlichen ästhetischen Konzeptionen beleuchten, die den beiden Romanen eignen. Es wird sich hier nicht zuletzt die Frage nach Flauberts Geschichtsverständnis stellen und damit auch eine Problematik zutage treten, die Nietzsche als den Tod Gottes bezeichnet hat.

 

Sommersemester 2018 - Hauptseminar Kulturwissenschaften Französisch / Spanisch

Stierkampf

Stierkampf polarisiert. Gehörte die corrida de toros bis vor kurzem noch zum nationalen Selbstverständnis Spaniens, hat mittlerweile der Diskurs der Tierschutz- bzw. Tierrecht-Bewegung Oberhand gewonnen, für deren Anhänger das weiterhin beliebte Volksfest nichts anderes als kollektive Tierquälerei bedeutet. Die Kontroverse um den Stierkampf wird auch zusehends politisch: Immer wieder gibt es Bestrebungen regionaler Parlamente, den Stierkampf zu verbieten. Der Stierkampf ist ein gutes Beispiel, wie alte Kulturpraktiken mit dem ethical turn der Postmoderne an Existenzberechtigung verlieren. In diesem Seminar wollen wir den Stierkampf aus einer kulturanthropologischen Warte betrachten. Dabei geht es um den rituellen Charakter des Stierkampfs ebenso wie um die Faszination, die er auf andere Kunstformen – etwa die Malerei und den Roman – ausgeübt hat. Auch werden wir die aktuelle animal theory in den Blick nehmen und deren moralischen Geltungsanspruch auf ihre theoretischen Grundlagen hin überprüfen.

 

Sommersemester 2018 - Hauptseminar Spanisch

Miguel de Cervantes, Don Quijote (1605)

Es gibt wenige Romane, denen ein solch ruhmreiches Nachleben beschieden war, wie die kuriose Geschichte des kastilischen Landjunkers Alonso Quijano, der unter dem Namen Don Quijote die von der sommerlichen Gluthitze ausgetrocknete Mancha unsicher macht und dabei ein ums andere Mal mit einer Wirklichkeit kollidiert, die er nicht verstehen kann. Don Quijote ist ein komischer Roman, doch ist das vielleicht nicht das alleinig ausschlaggebende. Denn während der Ritter von der traurigen Gestalt mit der Lebenswelt des ausgehenden 16. Jahrhunderts schmerzhaft zusammenstößt, erfährt der Leser so viel über diese Wirklichkeit wie in keinem Roman je zuvor. Wir lernen Schänken, Dirnen, Eseltreiber, aber auch die bukolische Enklave frühneuzeitlicher Zivilisationsflüchtlinge kennen und tauchen dabei immer tiefer in eine Welt ein, die, wie es scheint, im Begriff ist, aus den Fugen zu geraten. Don Quijote ist aber zugleich auch ein großartiger Literaturroman, in dem alle für die Zeit relevanten Gattungen zum Tragen kommen und in einer derart neuartigen Form von Cervantes kombiniert werden, daß auf diese Weise der erste, wenn man so will, moderne Roman entsteht.

 

Sommersemester 2018 - M.A./ Graduiertenkolloquium

Vorstellung von Masterarbeiten und Dissertationen

 


 

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