Wintmersemester 2023/24 - Vorlesung

Escribiendo la independencia: Literatur und Nation Building im Lateinamerika des 19. Jahrhunderts

Es gehört zu den Paradoxien der Dekolonisation, dass es gerade der Einmarsch der napoleonischen Truppen in Spanien und die damit verbundene Absetzung Ferdinands VII im Jahre 1808 war, die den Anlass für die lateinamerikanische Unabhängigkeit gegeben hat; denn die Revolución de Mayo, mit der sich das Vizekönigreich Río de la Plata 1810 von der Metropolis absetzt, ist vorderhand ein königstreuer Akt. Inwiefern damit aber auch das Saatgut der französischen Revolution amerikanischen Boden erreicht hat, zeigt sich vier Jahre später, als Ferdinand restauriert wird, Buenos Aires jedoch auf seiner einmal etablierten Unabhängigkeit beharrt. Der in Frankreich ausgebildete Venezolaner Simón Bolívar wird das Pendel noch deutlicher in diese Richtung ausschlagen lassen, wenn er sich bei seinem Panamerikanismus auf Napoleon beruft. Das Scheitern dieser Bestrebung ist charakteristisch für das Lateinamerika des 19. Jahrhunderts. Es bilden sich so formal unabhängige Staaten heraus, die nicht nur schnell in den Einflusskreis des englischen Empire und des erstarkten Nachbarn, der USA, geraten, sondern auch ideologisch vor dem Problem stehen, auf welche Weise sich in diesem Kräfteverhältnis Unabhängigkeit überhaupt denken lässt. Dies gilt umso mehr, als in den jungen Staaten Lateinamerikas nicht die indigenen Bevölkerungen ins Recht gesetzt werden, sondern die spanischstämmigen Criollo-Eliten an die Macht gelangen, wodurch sowohl das koloniale Hierarchiegefüge als auch die spanische Sprache dominant bleiben. Statt zu einem radikalen Neuanfang kommt es daher auch zu einer Überkreuzung je unterschiedlicher, zumeist europäischer Diskurse, die nicht zuletzt die Literatur der Unabhängigkeit und näherhin solche Texte, die man gemeinhin dem literarischen Nation Building zuschlägt, auf aporetische Weise zum Austrag bringen. Ziel der Vorlesung ist es, dieser auf den ersten Blick oft versatzstückartig anmutenden Literatur nachzugehen, ihre historische Pragmatik, aber auch ihren eigentümlichen ästhetischen Reiz zu restituieren, und damit nicht zuletzt eine bis in den boom des 20. Jahrhunderts nachwirkende Schreibweise in die Postkolonialismusdebatte einzurücken.

 

Wintmersemester 2023/24 - Hauptseminar Französisch

Flaubert: Madame Bovary und LʼÉducation sentimentale

Flaubert gilt, wenn nicht als Erfinder, so doch als wesentlicher Wegbereiter des style indirect libre, und das stellt seine Romane von vornherein unter Ironieverdacht. Was Gegenstand dieser Ironie ist, lässt sich leicht ausmachen: Es die romantische Verblendung, wie sie etwas Emma Bovary erfasst, die vor dem Spiegel stehend „Jʼai un amant“ ausruft und dabei hofft, alsbald nach Italien entführt zu werden. Auch die Éducation sentimentale zeugt von romantischer Verblendung, denn für Fréderic Moreau ist Madame Arnoux eine orientalische „apparition“, obgleich sie doch aus Chartres stammt und nur ihm als Odaliske erscheint. Dennoch erschöpfen sich die großen Romane Flauberts nicht in der Ironie, oder anders gesagt: die Alternative zur Romantik ist eine Form der Zeitgeschichte, die für die Protagonisten keine Identifikationsmöglichkeit bietet. Der viel gerühmte Realismus Flauberts entsteht hier aus einem Aufeinandertreffen dieser beiden Aspekte, bzw. einer ,Deprogrammierungʻ des Romantischen durch das Politische. Dieser Dialektik wollen wir in unserem Seminar in genauen Textlektüren nachgehen.

 

Wintmersemester 2023/24 - Hauptseminar Spanisch

Gustavo Adolfo Bécquer: Leyendas

Spanien ist nicht das Land, in dem die großen Märchensammlungen entstehen. Zwar orientiert sich auch hier die Romantik am Volkstümlichen, doch während in Deutschland die Märchen Teil eines nationalen Projekts sind, müssen die Spanier im 19. Jahrhundert dem sukzessiven Verlust dessen beiwohnen, was sie bislang als substantiellen Teil ihrer selbst ansehen durften: Amerika. Die spanische Romantik hat daher ihre Eigentümlichkeiten, vor allem aber setzt sie spät ein. Gustavo Adolfo Bécquer, dessen Lyrik als spätromantisch gilt, schreibt in der zweiten Jahrhunderthälfte. Wir wollen uns in diesem Seminar seinen Prosatexten, den Leyendas, widmen, die er in den 1880er Jahren veröffentlicht. Thematisch verbindet sich hier Märchenhaftes mit einem phantastischen Element, wie wir es von E.T.A. Hoffmann kennen. Dabei wohnt den Texten jedoch immer auch ein politisches Unbehagen inne, das nicht nur zutiefst spanisch ist, sondern in dem sich auch die Frage auftut, was nach der Unabhängigkeit der meisten überseeischen Kolonien noch spanisch ist.

 

Wintmersemester 2023/24 - Hauptseminar Kulturwissenschaften Französisch / Spanisch

Werbung

Das Diktum, wonach Werbung Kunst sei, scheint sich in dem Maße zu bestätigen, wie die Kunst  selbst von der Werbung immer ununterscheidbarer wird. Louis Vuitton-Clips scheinen der Filmgeschichte entsprungen, James Bond wirbt für Mode und Autos, und wie bei den Pariser Modenschauen ist die Grenze zwischen Kunst und Werbung ohnehin schwer zu bestimmen. Warum aber bedient sich die Werbung immer mehr bei der Kunst, zumal zu einer Zeit, wo die Kunst selbst längst an Verbindlichkeit eingebüßt hat? Was will Werbung eigentlich? Und vor allem: Welche Begehrensmuster aktiviert sie? Es gibt Werbung, die gerade dadurch global zu funktionieren scheint, daß sie sich in die Tradition einschreibt und für Parfüms mit Opern wirbt, die kaum noch jemand wirklich kennt. Aber Werbung hat auch einen lokalen, je kulturspezifischen Aspekt; denn in der franko- bzw. hispanophonen Welt – unsere beiden Forschungsfelder – werden dieselben Produkte eben nicht immer gleich beworben. Was sagt uns also Werbung über Selbstentwürfe? Welche Sehnsuchtsbilder vermitteln Reisebroschüren, Hotelportale oder Discountsupermärkte? Was will und kann inklusive Werbung? In unserem Seminar wollen wir uns der Werbung in ihrem breiten Spektrum widmen und dabei immer die Sogkraft einer globalisierten Ästhetik mit den je lokalen Ausformungen vergleichen. Dabei wird es nicht zuletzt darum gehen, wie und inwiefern Werbung Identität vermitteln bzw. simulieren kann.

 

Wintmersemester 2023/24 - M.A./ Graduiertenkolloquium

Vorstellung von Masterarbeiten und Dissertationen

1-std., verblockt, die Termine werden noch bekannt gegeben

 


 

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