Wintersemester 2018/19 - Vorlesung

Das spanische Barocktheater (Lope, Tirso, Calderón)

Bei der Bewertung des spanischen Barockdramas spaltet sich die Forschung in zwei deutlich voneinander geschiedene Lager: Sieht die an Weisbach und Maravall orientierte Philologie das Theater des Siglo de oro wesentlich als propagandistische Verdoppelung herrschender Ideologie bzw. als das Organon einer neoscholastischen ,Diskurs-Renovatio‘ (Küpper) im Zeichen der Gegenreformation, so betonen neuere Arbeiten nicht nur den Aspekt theatralischer Konterdiskursivität (Nitsch), sondern auch eine ideologische Vielstimmigkeit (Xuan), die eine – eindeutige – politische Vereinnahmbarkeit deutlich überschießt. 

Ziel der Vorlesung ist es, die spanische Comedia in ihren wesentlichen Gattungsausprägungen (comedia de capa y espada, Ehren- u. Bauerndrama sowie philosophischem und religiösem Theater) zu beleuchten. Meine Grundannahme, daß es sich bei der spanischen Comedia um einen Austragungsort ,sozialer Energie‘ (Greenblatt) und damit um die komplexe ,Verhandlung‘ widerstreitender Positionen handelt, werde ich anhand einläßlicher Lektüren kanonischer Stücke nachzeichnen. Dabei werden Implikate der Souveränitätslehre, des – keineswegs immer sicheren – königlichen Gewaltmonopols und der oftmals krisenhaften patria potestas ebenso zur Sprache kommen wie bevorzugterweise an der mujer varonil durchgespielte Gender-Fragen oder die besonders von Lope de Vega immer wieder betonte Ökonomisierung der Standesverhältnisse.

Di 12 - 14 Uhr, Raum GFG 01 611

 

Wintersemester 2018/19 - Hauptseminar Französisch

Balzac und die Zeit

Wie kein anderer Autor hat es Balzac vermocht, die Zeit im Raum sichtbar werden zu lassen. Seine Räume sind Chronotopien sedimentierter Zeit (M. Bachtin). Doch nicht nur die Zeit im Raum hat Balzac beschäftigt. Gerade in den frühen 1830er-Jahren interessiert ihn vor allem die Frage nach dem Zeitenwechsel, wie er sich nach dem Ende der Napoleonischen Ära ereignet hat. In Le Coronel Jabert ist es der verschütt gegangene und totgeglaubte napoleonische General, der als gleichsam obszönes Zeichen unsichtbar gemacht werden und in ein Altenasyl ausgelagert werden kann. Doch so einfach geht es nicht immer. Sarrasine erzählt u. a. davon, was passiert, wenn das Ancien Régime gleichsam unheimlich in der Figur des uralten Kastratensängers wiederkehrt. Den problematischen Genealogien der nachrevolutionären Zeit widmet sich Balzac in La fille aux yeux dʼor, wo der Zusammenbruch des symbolischen Registers in einer selbst für den Realismus einzigartigen Splatter-Szene ausgeschrieben wird. La peau de chagrin erzählt schließlich von der unendlichen Beschleunigung der Zeit im Zeitalter des Frühindustrialismus: Man kann alles haben, doch verliert man dabei am Ende das Leben.
            In unserem Seminar wollen wir uns mit den vier genannten Texten beschäftigen.  Teilnahmebedingungen sind: Textkenntnis zu Semesterbeginn, aktive Mitarbeit sowie die Übernahme eines Thesenpapiers, das dann jeweils als Grundlage für die Diskussion im Plenum dienen wird. Dieses Thesenpapier – das je nach Größe des Kurses auch von einer Gruppe erstellt werden kann – ist keine zusätzliche Studienleistung im Sinne eines Referats, sondern Teil des Formats Seminar und somit von allen Teilnehmern zu erbringen. Das Seminar ist geöffnet für Teilnehmer des M.A.-Studienganges Weltliteratur.

Mi 12 - 14 Uhr, Raum P 105

 

Wintersemester 2018/19 - Hauptseminar Kulturwissenschaften Französisch / Spanisch

Karneval

Karneval ist die energetische Entäußerung vor der Fastenzeit und damit eingespannt in eine Dialektik von Exzeß und Mäßigung. Je nachdem, von welcher Seite man das Phänomen betrachtet, wird man den einen oder anderen Aspekt gewichten. Ist Karneval nun also subversiv, weil er die herrschende Ordnung umkehrt oder spielt er dieser Ordnung gerade durch seine zeitlich begrenzte Lizenz in die Hände? Was passiert etwa, wenn die Mitglieder eines Gemeinwesens im Karnevalsmodus verbleiben und nicht zur Ordnung zurückkehren wollen? In unseren gemäßigten Tagen ist dies unverstellbar; im späten Mittelalter indes nicht. So kommt es auch, daß das entgrenzende Moment des Karnevals zunehmend in die Literatur und Kunst abgedrängt wird (M. Bachtin). In unserem Seminar wollen wir uns Formen des Karnevals im mittelalterlichen Frankreich und Spanien ansehen und den Pfad der Literarisierung in den beiden Kulturen nachverfolgen. Dabei wird uns Rabelais ebenso zu interessieren haben wie Francisco de Quevedo. Wie aber sieht es mit dem Karnevalesken in der Aufklärung aus? Man denke hier an Voltaires Candide, wo so allerhand groteske Körperlichkeit zum Tragen kommt. In der Romantik bildet der Karneval dann nicht selten den Rahmen für deviante Praktiken (Merimée, Carmen; Zorilla, Don Juan Tenorio), während die Moderne und Postmoderne das Karnevaleske häufig dazu in den Dienst nehmen, totalitäre Strukturen zu entlarven (Asturias, El Señor Presidente; Márquez, El otoño del patriarca, Berlanga, El verdugo).

Mi 18 - 20 Uhr, P110

 

Wintersemester 2018/19 - Hauptseminar Spanisch

Alejo Carpentier

Amerika sei nicht entdeckt, sondern erfunden worden, lautet Eduardo O’Gormans einflußreiche These aus dem Jahre 1958. Amerika – schon der Name besagt es – ist das Produkt abendländischer Überschreibung. Nun ist Amerika aber nicht nur einmal, sondern gleich mehrfach erfunden worden. In diesem Seminar wollen wir uns mit der für die Außenwahrnehmung Lateinamerikas vielleicht wirkungsmächtigsten (Neu-)Erfindung auseinandersetzen: dem ,wunderbaren‘ Amerika, das Alejo Carpentier 1949 in seinem Vorwort zu El reino de este mundo kühn dem rationalistischen, von spiritueller Auszehrung gezeichneten Abendland gegenübergestellt hat. Dabei wird sich freilich zeigen, daß das vorgeblich ,authentische‘ Amerika immer schon eine literarische Konstruktion darstellt, die ihren europäischen Wurzeln eben gerade nicht entkommen kann. Neben El reino de este mundo werden wir auch Carpentiers vielleicht berühmtesten Roman, Los pasos perdidos (1953), lesen und uns in diesem Zusammenhang nicht zuletzt die Frage nach einem imaginären Ursprungsort der lateinamerikanischen Literatur des Boom stellen.

Do 12 - 14 Uhr, Raum 00 003 BKM

 

Wintersemester 2018/19 - M.A./ Graduiertenkolloquium

Vorstellung von Masterarbeiten und Dissertationen

1-std., verblockt, drei je fünfstündige Sitzungen. Sa 11 - 17 Uhr

 


 

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