Sommersemester 2010 - Vorlesung Französisch

 

Nach dem Tod des Königs: Französische Literatur von der Restauration bis zum II. Kaiserreich


Mit der Hinrichtung Ludwigs XVI. im Januar 1793 und der sich daran anschließenden Terreur, der ein Gutteil des Adels zum Opfer fällt, ist die blutige Demarkationslinie der Moderne gezogen; denn in der Revolution vollzieht sich zugleich ein epistemologischer Bruch, den auch die diversen Restaurationsbewegungen – Empire, Restauration, II. Kaiserreich – nicht mehr werden aufheben können: Treten nun an die Stelle einer in Gott gefügten Ordnung mit dem Vitalismus und den neuen Geschichts-, Gesellschafts- und Lebenswissenschaften Diskurse, die Welt vor allem als veränderlich begreifen, so kommt in dem aufgrund der Industrialisierung einsetzenden Finanzkapitalismus der individuellen Performanz eine Bedeutung zu, wie sie bislang undenkbar war. Die Literatur der Moderne wird sich in diesem Spannungsfeld zu konstituieren und zu verteidigen haben. Sie beginnt in der Romantik mit gleichsam ,souveränen‘ Entwürfen von Autorschaft, muß sich jedoch alsbald als ein Produkt unter anderen auf dem dynamisierten Unterhaltungsmarkt behaupten. Von Hugos krepuskularer Tiefenschau zu Baudelaire, dem „Dichter im Zeitalter des Hochkapitalismus“, von Stendhals Selbstbespiegelungskabinetten zu Balzacs frenetischen Maskeraden, von der ,unheimlich‘-romantischen Phantastik zur kühlen Feier der Dingwelt auf dem Parnaß – das werden einige Stationen des Parcours sein, den wir in dieser Vorlesung durch die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts unternehmen wollen.

 

 

 

Sommersemester 2010 - Hauptseminar Spanisch

 

Quijotesker Naturalismus: Galdós und Clarín

 


In seinem Vorwort zur zweiten Auflage von Claríns Regenta (1901) stellt Galdós die These auf, daß der spanische Realismus/Naturalismus nicht, wie man meinen könnte, dem französischen folge, sondern vielmehr der Endpunkt und gleichsam die Heimkehr einer Bewegung darstelle, die in Cervantes ihren Anfang und von diesem aus ihren Lauf über England nach Frankreich genommen hätte. Ganz in diesem Sinne hat Galdós auch sein eigenes Werk entworfen, findet sich doch dort neben naturalistischer Degenerationstopik ein spezifisches Moment Cervantinischer Ironie und Leichtigkeit, das in der Tat nicht französisch ist. In unserem Seminar wollen wir den vielleicht schönsten der quijotesken Romane von Galdós, La desheredada (1881), mit Blick auf jenen Text lesen, dem Galdós seine berühmten Überlegungen zum spanischen Realismus gewidmet hat: Claríns Regenta (1884/85). Neben poetologischen Fragestellungen wird uns dabei nicht zuletzt auch zu interessieren haben, in welchem Verhältnis weibliches Gender zu den Diskursen über die Nation und deren Gesundheit steht.


 

Sommersemester 2010 - Hauptseminar Französisch

 

In memoriam Claude Lévi-Strauss: Perraults Märchen und die strukturale Mythenanalyse


Der im vergangenen Jahr hundertjährig verstorbene Ethnologe Claude Lévi-Strauss ist der Begründer einer auf dem Strukturalismus und der Freudschen Psychoanalyse basierenden Form der Mythenanalyse, der die Theoriebildung, aber auch die Literatur der Postmoderne viel verdankt. In unserem Seminar wollen wir uns nun schwerpunktmäßig der Vormoderne zuwenden und Märchen als mythomorphe Texte lesen. Im Sinne des zentralen Lévi-Strauss’schen Axioms, wonach Mythen vor allem in Hinblick auf andere Mythen etwas bedeuten, werden wir die Histoires ou contes du temps passé (1697) von Charles Perrault aus einer doppelten komparatistischen Warte – also mit Blick auf ihre Vorläufer im Pentamerone (1634/36) des Neapolitaners Giambattista Basile und deren Nachfahren in den Kinder- und Hausmärchen (1812-50) der Gebrüder Grimm – untersuchen. Dabei soll es uns einerseits darum gehen, gemäß der Lévi-Strauss’schen ,Blattstruktur‘ die Invarianten eines spezifischen Märchens, also die den unterschiedlichen Ausformungen gemeinsame Struktur, zu ermitteln; zum anderen wollen wir aber auch den Varianten Rechnung tragen und nach der kulturellen und politischen Funktion der Märchen in ihren jeweiligen Kontexten fragen.

 

 

Sommersemester 2010 - Kolloquium (Fr. / Sp.)

 

Michel Foucault, die Diskursanalyse und die Literatur

Wie jedes Semester bietet das literaturwissenschaftliche Kolloquium Magister- und Staatsexamenskandidaten die Möglichkeit, ihre Projekte vorzustellen und zu diskutieren. Neben den laufenden Arbeiten, wollen wir uns in diesem Semester auf vielfachen Wunsch mit dem Werk des französischen Diskursanalytikers Michel Foucault beschäftigen und einen Umgang mit dessen These an konkreten literarischen Texten erproben. Von Interesse werden dabei neben ausgewählten Aufsätzen die Kernthesen folgender Abhandlungen sein: Histoire de la folie (1961), Naissance de la clinique (1963), Les Mots et les Choses (1966), L’Ordre du discours (1970), Surveiller et punir (1975), sowie Histoire de la sexualité I : La volonté de savoir (1976). Alle Texte sind auch in deutscher Übersetzung erhältlich. Ein grundsätzliches Interesse für die Fragestellung sowie aktive Mitarbeit in Form von Themenpräsentationen sind Teilnahmebedingung. Der Kurs ist eine Wahlpflichtveranstaltung ohne Scheinerwerb.

 

 


Weiterführende Links


Romanische Philologie - Vorlesungsverzeichnis

 

 

 

Frühere Veranstaltungen (Archiv)

 

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