Sommersemester 2015 - Vorlesung

 

Das spanische Barocktheater (Lope, Tirso, Calderón)

                                  

Bei der Bewertung des spanischen Barockdramas spaltet sich die Forschung in zwei deutlich voneinander geschiedene Lager: Sieht die an Weisbach und Maravall orientierte Philologie das Theater des siglo de oro wesentlich als propagandistische Verdoppelung herrschender Ideologie bzw. als das Organon einer neoscholastischen ,Diskurs-Renovatio‘ (Küpper) im Zeichen der Gegenreformation, so betonen neuere Arbeiten nicht nur den Aspekt theatralischer Konterdiskursivität (Nitsch), sondern auch eine ideologische Vielstimmigkeit (Xuan), die eine – eindeutige – politische Vereinnahmbarkeit deutlich überschießt.

Ziel der Vorlesung ist es, die spanische Comedia in ihren wesentlichen Gattungsausprägungen (comedia de capa y espada, Ehren- u. Bauerndrama sowie philosophischem und religiösem Theater) zu beleuchten. Meine Grundannahme, daß es sich bei der spanischen Comedia um einen Austragungsort ,sozialer Energie‘ (Greenblatt) und damit um die komplexe ,Verhandlung‘ widerstreitender Positionen handelt, werde ich anhand einläßlicher Lektüren kanonischer Stücke nachzeichnen. Dabei werden Implikate der Souveränitätslehre, des – keineswegs immer sicheren – königlichen Gewaltmonopols und der oftmals krisenhaften patria potestas ebenso zur Sprache kommen wie bevorzugterweise an der mujer varonil durchgespielte Gender-Fragen oder die besonders von Lope de Vega immer wieder betonte Ökonomisierung der Standesverhältnisse.

 

Di 10 - 12 Uhr, P 10

 

Sommersemester 2015 - Hauptseminar Spanisch

 

In memoriam Gabriel Garcia Márquez: Cien años de soledad

                                

Wie kein anderer Roman hat Cien años de soledad (1967) die Vorstellung von Lateinamerika geprägt: Überbordende Natur, vitalistische Sexualität, Gewalt, Inzest und natürlich das Wunderbare. Generationen von Autoren haben auf dieses Erfolgsprinzip gesetzt, so daß der sog. ,Magische Realismusʻ lange Zeit als die lateinamerikanische Schreibweise schlechthin, wenn nicht gar als die Widerspiegelung der genuin ,magischenʻ Realität Lateinamerikas galt. 1996 hat die Gruppe McOndo dazu aufgerufen, man möge den ,Heiligen Gabrielʻ endlich in den Dichterolymp verabschieden und sich fortan der global-kapitalistischen Gegenwart zuwenden. Wenn wir uns in diesem Seminar dennoch mit Cien años de soladad befassen wollen, so vor allem deshalb, weil sich diesem nach wie vor faszinierenden Text die Macht der Literatur ablesen läßt. Wie muß ein Text gemacht sein, damit er zu einem Gründungstext wird? Was verschweigt er? Warum ist er trotz des beherzten Schritts der Gruppe McOndo nach wie vor der beliebteste Roman der lateinamerikanischen Literatur? Warum wollen wir, daß Lateinamerika wie Macondo ist? Und nicht zuletzt: Warum bedienen sich andere subalterne Literaturen – etwa die indische (S. Rushdie) oder die frankophone Literatur – der von Márquez ins Leben gerufenen Bilder?

 

Do 12 - 14 Uhr, Raum P15

 

Sommersemester 2015 - Hauptseminar Französisch

 

Marcel Proust: À la recherche du temps perdu (II)

                               

Gern wird Marcel Prousts Recherche als die euphorische Wiedererlangung der Vergangenheit gelesen. Doch das, was sich so ostentativ als unbeschwertes Glück darbieten will, ist von Anfang an von seinem Anderen durchkreuzt. Spätestens ab Sodome et Gomorrhe wird dieses Andere dominant: Nichts ist so, wie es scheint, alles wird ungewiß. So erweist sich denn auch die zweite Hälfte der Recherche als ein, wie es Paul de Man bezeichnet hat, „narrative of pure suspicion“: Der Erzähler ist besessen von seiner Liebe zu Albertine, doch verlustiert diese sich hinter seinem Rücken offenbar vorzugsweise mit Frauen. Überhaupt nimmt das Moment der Homosexualität – die sog. Inversion – nun großen Raum ein und wird zum Indikator eines sozialen Wandels, an dessen Ende mit dem ersten Weltkrieg auch die unwiderrufliche Zerstörung jener Welt steht, die der Erzähler zu Anfang noch nostalgisch beschworen hat.
            Wir wollen in diesem Seminar die zweite Hälfte der Recherche also die Bücher von Sodome et Gomorrhe bis Le Temps retrouvé lesen. Das Seminar schließt an die Veranstaltung des Sommersemesters an, kann jedoch unabhängig davon besucht werden. Die Kenntnis der Bücher von Combray bis Le Coté de Guermantes wird nichtsdestoweniger vorausgesetzt.

Teilnahmebedingungen sind: Textkenntnis, aktive Mitarbeit sowie die Übernahme eines Thesenpapiers, das dann jeweils als Grundlage für die Diskussion im Plenum dienen wird. Dieses Thesenpapier – das je nach Größe des Kurses auch von einer Gruppe erstellt werden kann – ist keine zusätzliche Studienleistung im Sinne eines Referats, sondern Teil des Formats Seminar und somit von allen Teilnehmern zu erbringen.

 

Mi 12-14 Uhr, P11

 

Sommersemester 2015 - Hauptseminar Kulturwissenschaften Spanisch

Politisch (in-)korrekt

 

Politische Korrektheit polarisiert. Gilt sie den einen als notwendiges Mittel zur Erschaffung einer gerechten Welt, so sehen andere in ihr den institutionell gestützten Versuch, Differenz zu leugnen. In unserem Seminar wollen wir uns dem Phänomen aus einer diachronen Perspektive nähern und dabei Literatur, Theater, Sachtexte und Filme von der Renaissance bis heute in den Blick nehmen. Diachron betrachtet ist politische Korrektheit zunächst einmal dem Prozeß der Zivilisation (N. Elias) geschuldet, denn sie schafft Konsens. Zugleich bestimmt sie aber auch den Raum für ihr Anderes: etwa im Witz, der, wie ihn Freud versteht, gerade das zivilisatorisch verdrängte, nach oben spült. Literatur und Filme können dieses Potential bewußt nutzen. Man denke hier etwa an die Satiren Quevedos, die nachgerade alles aufs Korn nehmen, was heilig ist. Aber auch am Petrarkismus zeigt sich ein Widerstand gegen das verbindliche Dichtungsmodell der Entsagungserotik. Moliere macht sich über die Sprache der Preziösen lustig, die in der Tat nur die Steigerung der neuen Sprachnorm der bienséance ist. Sade dreht den Diskurs der bienséance schließlich um, wenn er in der Sprache der Klassik deren Unsagbares ausspricht. Und ja: Michel Houellebecqs neuer Roman Soumission stellt das deutsche Feuilleton vor einige Herausforderungen. Uns wird daher vor allem die Frage nach dem Wechselspiel von politisch korrekter und inkorrekter Rede zu beschäftigen haben. Ist die eine das Gegenteil der anderen? Oder kompensiert letztere für die Zwänge ersterer? Ist politisch inkorrekte Rede womöglich also der Ausdruck eines ,Unbehagens in der Zivilisationʻ, das dieser Zivilisation dennoch keinen Abbruch tut, ja ihr vielleicht sogar nützt? 

 

Mi 18 - 20 Uhr, P15

 

 

Sommersemester 2015 - M.A./ Graduiertenkolloquium

Vorstellung von Masterarbeiten und Dissertationen

 

1-std., verblockt, drei je fünfstündige Sitzungen. Beginn am 1. Samstag im Sommersemester (weitere Terminabsprachen erfolgen dort.), P15


 

 

Weiterführende Links



Frühere Veranstaltungen (Archiv)

SS15

WS 14/15

SS14

WS 13/14

SS13

WS 12/13

SS12

WS 11/12

SS11

WS 10/11

SS10

WS 09/10

SS 09
WS 08/09
SS 08
WS 07/08