Wintersemester 2022/23 - Vorlesung

Marcel Proust

Proust ist am 18. November 1922 gestorben und wurde einundfünfzig Jahre zuvor, am 10. Juli, geboren. Die Jahre 2021/22 sind also Proust-Jahre. So bringt etwa France Culture seit Anfang dieses Jahres in regelmäßigen Abständen Podcasts, die das facettenreiche Hauptwerk des Autors, À la recherche du temps perdu, beleuchten. Dem wollen wir nicht nachstehen und uns im kommenden Wintersemester ebenfalls diesem monumentalen Roman widmen. Proust hat daran von 1909 bis zu seinem Tod geschrieben und dies des Nachts in einem mit Kork gedämmten Zimmer. Proust schreibt auf sein Bett hingestreckt in einer wohl einzigartigen Haltung. Und so ist die Recherche denn auch ein einzigartiger Roman geworden, ein Hapax gewissermaßen, der keine Nachfolge finden kann, wenngleich in ihm (fast) die ganze französische Literatur ihren Niederschlag gefunden hat. Von der Kunstgeschichte ganz zu schweigen. 

Wir wollen uns in unserer Vorlesung den 3000 Seiten umfassenden Text in konkreten Lektüren erschließen, ihn also nicht einfach nacherzählen, zumindest nicht nur. Erst in der genauen Lektüre erkennt man, wie dicht all dies gewoben ist, wie sehr schon ganz am Anfang das Ende anklingt, obwohl man dies beim ersten Mal wohl kaum sogleich bemerkt. Ganz am Ende findet der Erzähler jedenfalls die zuvor verlorene Zeit wieder und fängt an zu schreiben. Wir können dann noch einmal von vorne beginnen. 

 

Wintersemester 2022/23 - Hauptseminar Französisch

Honoré de Balzac – kleine Romane

Balzac ist der vielleicht einflussreichste Autor der französischen Literatur. Ohne ihn gäbe es vieles nicht, was nach ihm kam. Wir wollen uns in unserem Seminar mit seinen kleineren und eher unbekannteren Texten beschäftigen, deren Lektüre sich jedoch lohnt. Hierzu muss man wissen, dass Balzac schon bald, in den frühen 1830er Jahren, nicht mehr einzelne Romane schreibt, sondern sich eine riesige Weltsimulation auszudenken beginnt, die er frei nach Dante La Comédie humaine nennen wird. Wir wollen ganz zu deren Anfang beginnen, mit La Maison du Chat-qui-pelote (1829). In diesem Künstlerroman denkt Balzac über das nach, was man späterhin den Realismus nennen wird. Maler dienen ihm hierbei oft als Gewährleute. So etwa auch in La Bourse (1832), unserem zweiten Text. Balzac, der Jura studiert hat, interessiert sich aber nicht minder für vertrackte Rechtsfälle, in denen sich die widersprüchliche Gemengelage seiner Zeit spiegelt. Wir wollen uns hier zwei Beispiele ansehen: Le Colonel Chabert (1832) und Lʼinterdiction (1836). Beschließen werden wir unser Seminar mit einer Lektüre von Adieu (1830), einem der faszinierendsten Kurzromane Balzacs, in dem die Frage nach der Wirklichkeit und deren Simulation eine überraschende Beantwortung erhält.

 

Wintersemester 2022/23 - Hauptseminar Spanisch

Julio Cortázar als Erzähler

Dass Julio Cortázars (neo-)phantastische Erzählungen nach wie vor beliebt sind, mag daran liegen, dass sie weder magisch-realistische Welten à la Macondo feiern, noch in abendländischer Gelehrsamkeit schwelgen. Cortázars Erzählungen kommen meist ganz alltäglich daher: Menschen fahren mit dem Bus, kehren von der Arbeit zurück oder photographieren in ihrer Freizeit. Doch immer dort, wo der Alltag sich von seiner banalen Seite zeigt, geschieht etwas, das ihm ein Ende setzt bzw. eine unheimliche Rückseite aufscheinen lässt, die sich nicht mehr mit dem Gewohnten verrechnen lässt. Das Spektrum dieser Einbrüche des Anderen ist dabei vielschichtig und häufig von einem Unbehagen am Politischen getragen, das Cortázars Erzählungen in den Bereich der engagierten Literatur rückt. Zugleich – und das ist nicht das Geringste – erweisen sich diese Erzählungen bei näherem Hinsehen aber auch als réécritures bekannter Texte der Phantastik oder stellen, wie im Falle von „Los buenos servicios“ oder „Las babas del diabolo“ die Vorlage für Verfilmungen dar (Chabrol, Monsieur Bebé, Antonioni, Blow Up). In unserem Seminar wollen wir diesen unterschiedlichen Aspekten Rechnung tragen und dabei den Versuch unternehmen, Cortázar sowohl in produktions- als auch in rezeptionsästhetischer Hinsicht zu beleuchten.

 

Wintersemester 2022/23 - Hauptseminar Kulturwissenschaften Französisch / Spanisch

Märchen – contes de fées – cuentos de hadas

Jeder kennt Märchen – wir hierzulande, zumeist durch die Vermittlung der Brüder Grimm:  Rotkäppchen, Aschenputtel, Dornröschen und dazu die Verfilmungen von Disney. Weniger bekannt ist den meisten von uns der Umstand, dass die Gewährsleute der Grimms Hugenottinnen waren, also Nachfahrinnen der während der Religionskriege aus Frankreich geflohenen Protestanten. Ein Blick auf Charles Perraults Contes (1697) belegt dies, denn dort finden sich auch die drei genannten Märchen. Dennoch ist darin nicht etwa deren Ursprung zu suchen. Märchen haben keinen Ursprung, sie sind immer schon verschobene Rede. Das zeigt sich nicht zuletzt auch an den spanischsprachigen cuentos populares, die manchmal an die Märchen aus Tausendeiner Nacht erinnern. Letztere, auch das ist nicht ohne Belang, kamen offiziell nach Europa durch den Arabisten Antoine Galland, der sie zwischen 1704 und 1715 ins Französische übertrug und damit den Anfang einer Orientbegeisterung darstellt, die ihren Höhepunkt in Napoleons Ägyptenfeldzug erreicht. Nur ist das, was Galland da veröffentlichte, mitnichten getreu dem Original nachgedichtet, sondern der höfischen Lebensform angepasst. Das Original, auch das sei gesagt, gibt es genau genommen nicht, es koexistieren diverse Manuskripte, die voneinander abweichen und teils bis in 8. Jahrhundert zurückführen.  Im mittelalterlichen Spanien der drei Kulturen hat man die orientalischen Erzählungen vermutlich in ebenfalls vermittelter Form gekannt, doch wie auch immer…
            In unserem komparatistischen Seminar (Französisch/Spanisch) wollen wir uns dem Phänomen Märchen aus unterschiedlichen Perspektiven nähern und dabei formale, ethnologische und politische Aspekte berücksichtigen sowie nach dem Grund oder den Gründen ihrer Produktivität fragen. Wir wollen dabei nicht nur Texte lesen, sondern auch Verfilmungen ansehen, seien sie nun getreu oder assoziativ, wie die jüngsten Disney-Produktionen. Selbstverständlich werden wir auch politische korrekte Überschreibungen lesen (Contes dʼautrefois pour lecteurs dʼaujourdʼhui) oder uns Neomärchen (El laberinto del fauno) widmen. Am Ende wissen wir hoffentlich mehr als zuvor.

 

Wintersemester 2022/23 - M.A./ Graduiertenkolloquium

Vorstellung von Masterarbeiten und Dissertationen

1-std., verblockt, die Termine werden noch bekannt gegeben

 


 

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