Sommersemester 2019 - Vorlesung

Escribiendo la independencia: Literatur und Nation Building im Lateinamerika des 19. Jahrhunderts

Es gehört zu den Paradoxien der Dekolonisation, daß es gerade der Einmarsch der napoleonischen Truppen in Spanien und die damit verbundene Absetzung Ferdinands VII. im Jahre 1808 war, die den Anlaß für die lateinamerikanische Unabhängigkeit gegeben hat; denn die Revolución de Mayo, mit der sich das Vizekönigreich Río de la Plata 1810 von der Metropolis absetzt, ist vorderhand ein königstreuer Akt. Inwiefern damit aber auch das Saatgut der Französischen Revolution amerikanischen Boden erreicht hat, zeigt sich vier Jahre später, als Ferdinand restauriert wird, Buenos Aires jedoch auf seiner einmal etablierten Unabhängigkeit beharrt. Der in Frankreich ausgebildete Venezolaner Simón Bolívar wird das Pendel noch deutlicher in diese Richtung ausschlagen lassen, wenn er sich bei seinem Panamerikanismus auf Napoleon beruft. Das Scheitern dieser Bestrebung ist charakteristisch für das Lateinamerika des 19. Jahrhunderts. Es bilden sich so formal unabhängige Staaten heraus, die nicht nur schnell in den Einflußkreis des englischen Empire und des erstarkten Nachbarn, der USA, geraten, sondern auch ideologisch vor dem Problem stehen, auf welche Weise sich in diesem Kräfteverhältnis Unabhängigkeit überhaupt denken läßt. Dies gilt umso mehr, als in den jungen Staaten Lateinamerikas nicht die indigenen Bevölkerungen ins Recht gesetzt werden, sondern die spanischstämmigen Criollo-Eliten an die Macht gelangen, wodurch sowohl das koloniale Hierarchiegefüge als auch die spanische Sprache dominant bleiben. Statt zu einem radikalen Neuanfang kommt es daher auch zu einer Überkreuzung je unterschiedlicher, zumeist europäischer Diskurse, die nicht zuletzt die Literatur der Unabhängigkeit und näherhin solche Texte, die man gemeinhin dem literarischen Nation Building zuschlägt, auf aporetische Weise zum Austrag bringen. Ziel der Vorlesung ist es, dieser auf den ersten Blick oft versatzstückartig anmutenden Literatur nachzugehen, ihre historische Pragmatik, aber auch ihren eigentümlichen ästhetischen Reiz zu restituieren und damit nicht zuletzt eine bis in den boom des 20. Jahrhunderts nachwirkende Schreibweise in die Postkolonialismusdebatte einzurücken.

Di 18 - 20 Uhr, Raum P 204

 

Sommersemester 2019 - Hauptseminar Französisch

Marcel Proust: À la recherche du temps perdu (I)

Gern wird Marcel Prousts Recherche als die euphorische Wiedererlangung der Vergangenheit gelesen. Nachdem er eine Madeleine in eine Tasse Lindenblütentee getunkt hat, blickt der Erzähler am Vorabend des Ersten Weltkriegs zurück in die Welt seiner Kindheit. Doch das, was sich so ostentativ als unbeschwertes Glück darbieten will, ist von Anfang an von seinem Anderen durchkreuzt. Geköpfte Hähne, undurchsichtige Eheverhältnisse, schwache, ja profanierte Väter lassen erahnen, daß in dieser Welt Sein und Schein weit auseinanderstehen. Daher auch das „narrative of pure suspicion“ als das Paul de Man die Recherche bezeichnet hat. Wie man sich das näherhin vorzustellen hat, davon legt jener Amour de Swann beredtes Zeugnis, der sich so bruchlos an die Kindheitserinnerungen in Combray anschließt.

Mi 12 - 14 Uhr, Raum P 110

 

Sommersemester 2019 - Hauptseminar Kulturwissenschaften Französisch / Spanisch

Festkulturen

Jahrhunderte lang haben wir am Kirchenkalender orientierte Feste gefeiert: heilige, wie Weihnachten und Ostern und profane wie den Karneval. All diese Feste haben ihre eigenen ästhetischen Formen hervorgebracht: Prozessionen, Krippenspiele, Festumzüge. Hinzu kommen höfische Feste mit ihren Tänzen, Choreographien und Theaterformen, sowie volkstümliche Feste, die der Ernte oder der Sonnenwende gedenken. Aber es gibt auch andere Feste, wie den Stierkampf, oder das Fußballspiel, die kollektiv begangen werden und ihre eigenen Sprachen und Riten haben. Wozu dienen nun all diese Feste, was haben sie zu besagen und welche Gemeinsamkeiten weisen sie bei aller Unterschiedlichkeit auf?

Mi 18 - 20 Uhr, P105

 

Sommersemester 2019 - Hauptseminar Spanisch

Leopoldo Alas, "Clarín", La Regenta

La Regenta ist vielleicht der größte spanische Roman des 19. Jahrhunderts. Leopoldo Alas, alias Clarín erschafft hier auf knapp tausend Seiten ein fiktives Universum, in dem alle Typen der spanischen Gesellschaft um die Jahrhundertwende ihren Auftritt haben. Im Zentrum steht die unglückliche Ana Ozores, die eigentlich Schriftstellerin werden wollte, jedoch heiraten mußte. Ihr Mann, der ehemalige Gerichtspräsident, verlangt ihr nicht viel ab, dafür bietet er aber auch nur wenig Aufregendes. Kurzum: Ana steht zwischen zwei Männern, dem Vikar de Pas und dem Don Juan Mesía. Es kommt dann, wie es kommen muß. Bis es aber soweit kommt, lernen wir unendlich viel über die Sitten und Gebräuche einer Gesellschaft, die sich von ihren Traditionen langsam verabschiedet und doch noch nicht in der Moderne angekommen ist. Und all dies ist auch noch so vergnüglich erzählt, daß die Zeit des Lesens wie im Fluge vergeht.

Do 12 - 14 Uhr, Raum 008SR06 BKM

 

Sommersemester 2019 - M.A./ Graduiertenkolloquium

Vorstellung von Masterarbeiten und Dissertationen

1-std., verblockt, drei je fünfstündige Sitzungen. Sa 11 - 17 Uhr

 


 

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